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Strategische Allianzen für einen Politikwechsel

„Die große Koalition fährt mit Vollgas in die Sackgasse, in der sich auch schon die Politik von Rot-Grün bewegte.“ Mit diesen Worten eröffnete Horst Schmitthenner die Diskussion der mehr als 200 Teilnehmer/innen des Forums „100 Tage Schwarz-Rot“ am 12. März 2006 im Gewerkschaftshaus Frankfurt am Main. Eingeladen hatten die „Initiative für einen Politikwechsel“, die Friedens- und Zukunftswerkstatt, die Redaktion der Zeitschrift „Sozialismus“, die Rosa Luxemburg Stiftung und WISSENTransfer zu einer ersten Zwischenbilanz der Politik der CDU-SPD-Koalition sowie zum Nachdenken über Alternativen und neue Wege für einen Politikwechsel. Nichts geschehe „im Selbstlauf“, unterstrich Horst Schmitthenner, vielmehr hänge die „Durchsetzung von alternativer Politik“ davon ab, dass sich die gesellschaftliche Linke zügig auf deren Grundlinien verständige sowie „Schnittmengen zwischen politischen Ansprüchen und Handlungsmöglichkeiten“ feststellt, „um gemeinsam die Chancen für eine andere Politik zu nutzen“.

100 Tage Schwarz-Rot: Zwischenbilanz

Der Frage des Forums, wie und mit wem es anders werden könne, ging eine Bewertung der ersten hundert Tage Regierungspolitik voraus. Arno Klönne (Universität Paderborn) veranschaulichte, das Motto der Regierungserklärung von Kanzlerin Angela Merkel: Mehr Freiheit wagen, bedeute den „Wegfall sozialstaatlicher Einschränkungen von Kapitalinteressen“. Die Regierung Gerhard Schröders erweise sich als Türöffner für die CDU-SPD-Koalition bei der „Ausweitung des Armutssektors in der deutschen Gesellschaft“, der „Privatisierung bisher öffentlicher Güter und Dienstleistungen“ sowie der weiteren „Entlastung des großen Geldes von steuerlichen Beiträgen zum Gemeinwohl“. Aufgehört habe zwar das „zu Zeiten der Schröder-Kanzlerschaft“ gängige „Basta-Getöse“, doch werde deshalb „nicht weniger einschneidend die Zerstörung des sozialen Netzes hierzulande betrieben“. Die Große Koalition gehe gesellschaftspolitisch „den Weg in eine andere Republik“. Gleichzeitig setze sie aber auch die von ihrer Vorgängerin begonnene „Enttabuisierung des Militärischen“ fort, indem „entgegen den Intentionen des Grundgesetzes weltweiter militärischer Interventionismus zur Doktrin erhoben“ werde; was weder FDP und Grüne grundsätzlich kritisierten. In einer solchen Situation könne es „für Demokraten nur heißen: Mehr Opposition wagen!“. Hierzu fänden sich Ansätze in sozialen Bündnissen, außerparlamentarischen Initiativen, bei der Linkspartei, in den Gewerkschaften, aber auch bei kirchlichen Verbänden und in Jugendorganisationen. Die politische und personelle Vielfalt könne produktiv sein und gemacht werden, wenn „Gemeinsamkeiten des Protests in gemeinsame Aktionen und die Arbeit an Alternativen“ mündeten.

Georg Fülberth (Universität Marburg) stellte „große Schnittmengen von CDU und SPD“ fest. In den 50er Jahren seien dies beispielsweise der Antikommunismus und die dynamisierte Rente gewesen. Heute verlangten beide „marktradikale Reformen“. Dennoch habe die CDU ihr Programm etwas abgespeckt; beispielsweise forciere sie ihren Frontalangriff auf die Flächentarifverträge nicht, weil diese mittlerweile „von selbst“ erodierten; und beim Zurückdränge der Unternehmensmitbestimmung hoffe sie auf die Wirkung des europäischen Rechts. Joachim Bischoff (Zeitschrift „Sozialismus“) forderte eine differenziertere Beurteilung der letzten hundert Tage Regierungspolitik. Von einer bei der Bundestagswahl deutlich gewordenen „Akzeptanzkrise des Neoliberalismus“ könne gesprochen werden, weil die Angriffe auf Tarifverträge und soziale Sicherungssysteme auch offensiver hätten geführt werden können. Und obwohl die Bundesregierung den Niedriglohnsektor weiter ausbauen wolle, zeige sich eine „Offenheit für Diskussionen über einen gesetzlichen Mindestlohn“. Allerdings warnte auch er vor Hoffnungen auf eine „Öffnung der SPD nach links“. Jegliche Illusionen über (Selbst)Kor­rekturen der Regierungspolitik zerstreute Jürgen Klute (WASG Herne) durch Hinweise auf den Koalitionsvertrag. Die „Rhetorik, nicht aber die Politik“ habe sich geändert. Das zeige sich am „Generalverdacht gegen Beschäftigte, sie seien potentielle Schwarzarbeiter/innen“ ebenso wie an der Unterstellung, „Arbeitslose neigten zu Betrug“ und an der Erhöhung der Mehrwertsteuer als typische Zusatzbelastung der finanziell weniger bemittelten Bevölkerungsteile. Selbst die Wiedereinführung der Vermögensteuer werde durch das Deklarieren als „Reichensteuer“ zu einer „Neidsteuer“ herabgewürdigt.

Damit es anders wird ...

Wie stellt sich die gewerkschaftliche, zivilgesellschaftliche und politische Linke auf – mit konkreten Zielen für einen Politikwechsel? Dieser Frage widmete sich Sybille Stamm (Vorsitzende ver.di Baden-Württemberg) mit Blick auf die aktuellen Tarifauseinandersetzungen im Öffentlichen Dienst. Der bald sechswöchige Streik werde vorrangig als Abwehrkampf für den „Erhalt der 38,5-Stunden-Woche – ohne weitere gewerkschaftliche Forderungen – geführt“. Dabei engagierten sich in Baden-Württemberg vor allem Frauen und junge Menschen gegen die Verlängerung der Arbeitszeit und für die Sicherung der Arbeitsplätze. Die Arbeitszeitfrage bündele den Widerstand und müsse zu einer „Öffnung für soziale Bewegung“ genutzt werden. Denn der Streik trage klare „politische Züge“: die Unternehmer wollten „das Projekt 40-Stunden-Woche durchsetzen“, um die Gewerkschaften dauerhaft zu schwächen. Deshalb sei dieser Kampf nicht nur von ver.di allein, sondern von allen DGB-Ge­werk­schaften gemeinsam aufzunehmen. In die gleiche Richtung argumentierte Stefan Körzell (Vorsitzender DGB Hessen-Thüringen) und verwies auf die Notwendigkeit, engagierter über „einen gesetzlichen Mindestlohn statt über einen bereits durch die Praxis des Mainzer Modells diskreditierten Kombilohn zu diskutieren“. Die Schaffung eines zweiten Arbeitsmarktes sei unerlässlich; dieser dürfe allerdings nicht als „Ausweitung von Ein-Euro-Jobs“ verstanden werden. Schließlich müsse die „Debatte über weitere steuerliche Entlastungen der Unternehmen“ beendet werden, weil sie weder Arbeitsplätze schafften oder sicherten noch einen konjunkturellen Aufschwung brächten. Vielmehr solle die Vermögensteuer wiederbelebt und die Erbschaftssteuer überarbeitet werden, damit wieder „mehr Geld in die öffentlichen Kassen fließt“.

Kritisch würdigte auch Ottmar Schreiner (Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD) die Politik der Bundesregierung. Das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre anzuheben sei „kein Konzept zur Verringerung der Arbeitslosigkeit“. Das Engagement der SPD zur Dienstleistungsrichtlinie war für ihn „überzeugend“. Doch die Durchsetzung eines gesetzlichen Mindestlohns oder die Verhinderung einer weiteren Deregulierung des Arbeitsmarktes machte er vom „gemeinsamen Engagement von Linken und Gewerkschaften“ abhängig. Die Linkspartei starte im Frühjahr eine „Massenkampagne für einen Mindestlohn“, berichtete Lothar Bisky (Vorsitzender Linkspartei), und arbeite an einem „Konzept für eine solidarische Bürgerversicherung“. Die Bundestagsfraktion werde parallel einen Antrag zur Beseitigung von Hartz IV stellen. Allerdings sei es geboten, dass die politische Linke in der sozialen Frage und beim Friedenskampf auf europäischer Ebene umfassender kooperiere. Hierfür werde sich die Linkspartei im Europäischen Parlament einsetzen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass sie in den derzeitigen Diskussionen neue Kraft gewinnen und gestärkt daraus hervorgehen werde. Die internationale Orientierung rückte auch Peter Wahl (Koordinierungskreis Attac) ins Blickfeld der Diskussion. Die Linke müsse die „nationalen Logiken“ überwinden und die „EU als Handlungsrahmen“ für politische Alternativen betrachten. Dies sei beispielsweise selbst gegenüber der Europäischen Zentralbank möglich. Diese habe sich „Geldwertstabilität“ zum Ziel gesetzt, ohne sie bislang genauer zu definieren, so dass sich der Linken eine reale Chance eröffne, in die Debatte einzugreifen.

Verständigung über das „Wie weiter?“

Die „Notwendigkeit für einen Politikwechsel“ stand für Horst Schmitt­henner schon zu Beginn des Forums außer Frage. Nach der wenig kontroversen Diskussion kristallisierte er als mögliche „Kernprojekte einer gesellschaftspolitischen Alternative“ heraus: eine grundlegend andere, ökologisch und sozial nachhaltige Wachstums-, Fiskal- und Beschäftigungspolitik; die solidarische Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme; die Bekämpfung von Armut trotz Arbeit beispielsweise durch existenzsichernde Mindestlöhne; den Ausbau und die Bereitstellung öffentlicher Güter wie Bildung, Gesundheit und Erziehung; eine Steuerreform mit stärkerer Belastung großer Vermögen, Kapitaleinkommen und Besitze zur Finanzierung des Gemeinwesens; die Demokratisierung des politischen Systems durch Elemente direkter Demokratie; den Ausbau eines demokratischen Systems der Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Union statt der beschlossenen Dienstleistungsrichtlinie; eine konfliktlösende Friedenspolitik anstelle einer krisenverschärfenden Kriegspolitik.

Alternative Entwürfe wären „wichtig für die Mobilisierung und für einen Politikwechsel“, so Horst Schmitthenner. Hierzu gelte es, „strategische Allianzen zu bilden“. Denn die außerparlamentarischen und sozialen Bewegungen sowie die gesellschaftliche Linke seien „nur in Bündnissen stark“. Hierbei müsse „Trennendes nicht ungeschehen gemacht, aber an das Ende der Tagesordnung gesetzt und Gemeinsames in den Vordergrund gerückt“ werden. Als Beispiel für die Zusammenarbeit nannte er die Abwehr der Arbeitszeitverlängerung, da diese „nicht nur auf humane Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten abzielt, sondern auch Perspektiven für Arbeitslose bietet, weil es um mehr Beschäftigung geht“. Und höhere Löhne, wie sie die DGB-Gewerkschaften erkämpfen wollen, „verbessern nicht nur die Einkommenssituation der Beschäftigten“, sondern könnten auch „der Beginn einer verteilungspolitischen Wende“ sein. Zudem führe „ein Prozent Lohnerhöhung in allen Branchen zu 460 Millionen € Mehreinnahmen bei der Arbeitslosenversicherung und von 1,38 Milliarden € bei der Rentenversicherung“.

Als Eckpunkte im Prozess der „Neuformierung der politischen Linken“ benannte Horst Schnitthenner: eine „politische Aufklärung und starke sozialen Bewegungen, die die Zivilgesellschaft gegen die Politik der Neoliberalen in Stellung bringt“; eine „wirkungsvolle parlamentarische Vertretung der von der herrschenden Politik ausgegrenzten sozialen Interessen“. Dadurch lasse sich deutlich machen, „dass es eine Linke jenseits des neusozialdemokratischen Dritten Wegs gibt“, was „auch den Linken in der SPD helfen“ könne, „den weiteren Ausverkauf sozialdemokratischer Politik zu verhindern“. Politische Wirkung lasse sich mit „gemeinsam getragenen öffentlichen Aktionen und Protesten“ allerdings nur dann erzielen, wenn sich die politische Linke „auf möglichst wenige, Viele betreffende und ansprechende Fragen und Aktivitäten“ konzentriere.

Horst Gobrecht

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