Schwarz-Rote Finanzpolitik: Unten kassieren, bei Unternehmen Geschenke geplant
Schwarz-Rot macht Ernst: Kein Tag verging in den letzten Wochen, an dem nicht irgendein neuer finanzpolitischer Vorschlag auf den Tisch gelegt wurde. Es fällt schwer, den Überblick zu behalten. Dieses Durcheinander hat System: Damit wird erfolgreich verschleiert, welche Grundrichtung die schwarz-rote Finanzpolitik verfolgt – nämlich eine weitere Umverteilung von Unten nach Oben.
Aktiv daran beteiligt ist die SPD – auch unter dem neuen Vorsitzenden Kurt Beck. „Während der neue Parteichef seine Rhetorik gegen Unternehmer verschärft hat, hat er in der Tagespolitik einen wirtschaftsfreundlichen Kurs durchgesetzt“, kommentierte die „Financial Times Deutschland“ die SPD-Politik.
Wir geben im Folgenden einen Überblick die wichtigsten finanzpolitischen Beschlüsse von Schwarz-Rot – damit Sie sich selbst ein Bild machen können.
Haushaltsbegleitgesetz
Das Haushaltsbegleitgesetz wird am Freitag, dem 19. Mai, von SPD- und CDU/CSU im Bundestag beschlossen werden. Darin u.a. enthalten:
- Die Mehrwertsteuer steigt ab 1. Januar 2007 von 16% auf 19%. Im Gegenzug wird der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung gesenkt. Der Bundesfinanzminister rechnet mit 17 Mrd. € Mehreinnahmen, die Beitragssenkung schon herausgerechnet. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer trifft dabei überproportional Einkommensbezieher der unteren Mitte. Ein Ausgleich für steigende Preise für RentnerInnen, Hartz IV-BezieherInnen und BAföG-BezieherInnen ist nicht geplant.
- Die Zuschüsse zu den Sozialversicherungen werden gesenkt. Der Zuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung wird 2006 von 4,2 Mrd. € auf 1,5 Mrd. € abgesenkt und danach ganz gestrichen. Der Zuschuss an die Bundesagentur für Arbeit wird künftig ausgeschlossen, in der Vergangenheit hatte er mehrere Milliarden € betragen – ein Grund für die aktuell geplanten Verschärfungen für Hartz IV-BezieherInnen. Der Zuschuss zur Rentenversicherung wird 2006 um 170 Mio. € und ab 2007 um 340 Mio. € vermindert werden. Das alles bedeutet: Beitragserhöhungen oder weitere Leistungskürzungen.
- Der Finanzierung des umweltfreundlichen und für viele, die sich keinen PKW leisten können, notwendigen Öffentlichen Personennahverkehrs sollen in den kommenden Jahren 2,3 Mrd. € entzogen werden.
Steueränderungsgesetz 2007
Das Steueränderungsgesetz wurde vom Finanzminister erarbeitet und dem Bundestag vorgelegt. Am Freitag, dem 30. Juni, wird es mit den Stimmen von SPD und CDU/CSU voraussichtlich beschlossen werden. Es enthält derzeit u.a. folgende Regelungen:
- Die Entfernungspauschale wird in ihrer heutigen Form abgeschafft, zukünftig können Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur noch ab dem 21. Entfernungskilometer in Höhe von 30 Cent/km steuerlich geltend gemacht werden. Die Sonderregelung, dass Kosten des ÖPNV in der Höhe, wie sie angefallen sind, steuerlich geltend gemacht werden können, wird gestrichen. Unfallkosten sind zukünftig in der Pauschale abgegolten. Dadurch müssen Lohn- und EinkommensteuerbezieherInnen in Zukunft jährlich rund 2,5 Mrd. € mehr Steuern zahlen. Unserer Auffassung nach dürfte die Neuregelung verfassungswidrig sein: Im deutschen Einkommensteuerrecht gilt – vereinfacht gesagt – das Grundprinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Dieses beinhaltet, dass alle Kosten zur Erwirtschaftung von Einkommen vom letztlich zu versteuernden Einkommen abzuziehen sind – also auch Fahrtkosten.
- Die Altersgrenze für die Gewährung von Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag wird von 27 auf 25 Jahre gesenkt. Das kostet die Betroffenen jährlich rund 0,5 Mrd. €.
- Der Sparerfreibetrag wird auf 750 € (Alleinstehend) bzw. 1500 € (Verheiratet) gekürzt. Das führt zu Mehreinnahmen von 0,75 Mrd. € jährlich.
- Die „Reichensteuer“ wird eingeführt. Für Einkommen, die 250.000 € pro Jahr übersteigen, wird der Spitzensteuersatz von 42% auf 45% angehoben. Die Gewinneinkünfte (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit) werden hiervon ausgenommen. Im Jahr 2007 rechnet Finanzminister Steinbrück mit Mehreinnahmen von 0,13 Mrd. € (Süddeutsche Zeitung, 8.5.).
Unternehmensteuer-Reform
Die Unternehmensteuer soll so reformiert werden, dass zum 1.1.2008 eine Neuregelung in Kraft treten soll. Noch gibt es keinen konkreten Gesetzentwurf. Die Zielrichtung wurde von den Parteien der Großen Koalition jedoch vorgegeben. So hat die SPD auf dem letzten Parteitag das Finanzministerium beauftragt, eine „weitgehend aufkommensneutrale“ Reformvariante auszuarbeiten. Weil die Reform nur weitgehend aufkommensneutral sein soll, bedeutet sie faktisch: Die Unternehmensteuerreform wird so ausgestaltet, dass das Aufkommen aus Unternehmenssteuern ab 2008 sinken wird. Die SPD setzt zwar darauf, dass im Gegenzug mehr Gewinne in Deutschland versteuert werden und die Reform daher mittelfristig doch noch ein finanzpolitisches Nullsummenspiel wird. Das ist aber nicht mehr als ein Wunsch, im Haushalt wird zunächst eine Senkung der Steuerzahlungen von Unternehmen eingeplant – 5 bis 10 Mrd. € nach Angaben des Finanzministeriums (Süddeutsche Zeitung, 4.5.).
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