Die Nachricht.
Schwarz-rote Konjunktur- und Wachstumspolitik: "Weiter so!"-Programm für Umverteilung und Stagnation
Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD versprochen: "Mit gezielten Maßnahmen wollen wir die Konjunktur in Fahrt bringen." Öffentlichkeitswirksam hat Kanzlerin Merkel ein "Sofortprogramm für höheres Wachstum und mehr Beschäftigung" im Volumen von 25 Mrd. € angekündigt.
Erfreulich: Wenigstens in der Rhetorik nimmt Schwarz-Rot Forderungen nach einem Wachstumsprogramm auf. In der Realität sieht die Politik von Merkel, Müntefe-ring und Steinbrück aber anders aus: Die schwarz-rote Konjunktur- und Wachstumspolitik setzt zu einem großen Teil auf weitere Steuergeschenke für Unternehmen und Reiche, anstatt den schwachen Aufschwung durch mehr Geld für sinnvolle öffentliche Dienstleistungen oder eine Entlastung der unteren Einkommen zu stützen. Damit wird das „Sofortprogramm für höheres Wachstum und mehr Beschäftigung“ faktisch zu einem Programm für Umverteilung und Stagnation.
Stagnations-Programm statt Wachstums-Programm
Das schwarz-rote „Sofortprogramm“ stützt den noch schwachen Aufschwung nicht – es ist vom Volumen zu klein und setzt zudem überwiegend auf die falschen Maßnahmen. Die angekündigten 25 Mrd. € des „Sofortprogramms“ im Bundeshaushalt sind über einen Zeitraum von vier Jahren verteilt, das jährliche Volumen liegt also nur bei durchschnittlich gut 6 Mrd. €. Diesem Positiv-Impuls für die Konjunktur stehen Negativ-Impulse gegenüber, die aus anderen schwarz-roten Maßnahmen resultieren – z.B. soll die Mehrwertsteuer-Erhöhung ab 2007 zu zusätzlichen Steuereinnahmen für den Bund in Höhe von bis zu 13,8 Mrd. € jährlich führen.
Per saldo bewirkt Schwarz-Rot also trotz des „Sofortprogramms“ einen Negativ-Impuls für die Konjunktur. Außerdem: Die Maßnahmen des „Sofortprogramms“ sind zum Teil fragwürdig.
Erfreulich: Von den 25 Mrd. € des „Sofortprogramms“ sind rund 13 Mrd. € zusätzliche Ausgaben für Verkehr, Bildung und Energieeinsparung – WASG-Forderung, umgesetzt auf kleiner Flamme. Aber: Von den 25 Mrd. € im Bundeshaushalt entfallen 4,3 Mrd. € auf verbesserte Abschreibungsbedingungen für Investitionen – werden die Steuerausfälle für Länder und Gemeinden hinzuaddiert, kostet diese Maßnahme den Steuerzahler 12,5 Mrd. €. Geld, das in eine Maßnahme fließt, die konjunkturpolitisch fragwürdig ist (siehe Anhang).
Puzzleteil in der Umverteilung von unten nach oben
Die konjunkturpolisch fragwürdigen Abschreibungsvergünstigungen entlasten Unternehmen weiter. Zudem profitieren von den vorgesehenen Steuerleichterungen für Renovierung und Instandsetzung unmittelbar Haushalte mit eher hohen Einkommen – nämlich die, die es sich leisten können, ihre Wohnung von anderen renovieren zu lassen.
Alternative: Zukunftsinvestitionsprogramm
Dem setzen wir entgegen: Ein Zukunftsinvestitionsprogramm von mindestens 30 Mrd. € zu-sätzlich pro Jahr, mit dem die öffentliche Infrastruktur verbessert werden soll – Schulen und Hochschulen, Einrichtungen für Kinder und Jugendliche oder Krankenhäuser und Pflegeheime:
• Wir klotzen statt kleckern – ein Programm dieser Größenordnung schafft viele Hun-derttausend Arbeitsplätze.
• Wir entlasten mit dieser Wachstumspolitik nicht Unternehmen und Reiche weiter
• Wir verbessern die sozialen und ökologischen Lebensbedingungen nachhaltig und ori-entieren uns an demokratisch ermittelten gesellschaftlichen Bedürfnissen – statt die Entscheidung, welche Bereiche der Wirtschaft stärker wachsen sollen, den Marktkräf-ten zu überlassen.
Um dies durchzusetzen, müssen wir weiter Druck von unten machen. Zusammen mit vielen anderen, die ebenfalls eine andere Spielart der Wachstums- und Beschäftigungspolitik fordern – GewerkschafterInnen, kritischen WirtschaftswissenschaftlerInnen, Stadtteil- oder ökologische Initiativen etc.
Anhang:
Stützen Abschreibungserleichterung den Aufschwung?
Verbesserte Abschreibungsbedingungen, die Steuererleichterungen für Unternehmen bedeu-ten, führen zu höherer Liquidität der Unternehmen sowie zu geringeren Kosten und damit höheren Gewinnmargen zukünftiger Investitionen. Dies wiederum soll die Investitionstätig-keit der Unternehmen und damit die gesamtwirtschaftliche Aktivität vergrößern. Die Gewinn-entwicklung der letzten Jahre zeigt aber: Das Problem der deutschen Wirtschaft ist gerade nicht, dass die Gewinnmargen zu klein sind und Unternehmen deswegen nicht investieren. Das Problem ist, dass die Erwartungen über die Absatzchancen auf dem Binnenmarkt nicht positiv genug sind – und die verschlechtert Schwarz-Rot mit der angekündigten Mehrwertsteuer-Erhöhung. In dieser Situation werden Unternehmen, die ohnehin Investitionen planen, die Steuererleichterungen als Steuergeschenk „mitnehmen“. Allerdings: Befristete Abschreibungserleichterungen können durchaus zeitliche Verschiebungen der Investitionen bewirken, die konjunkturpolitisch erwünscht sind.
Anbei als PDF-Datei detaillierte Ausführungen zur aktuellen Konjunktur- und Wachstumssituation und den in dieser Woche zur Verabschiedung anstehenden Gesetzen.
- Dateien:
- aktuelle_Konjunkturpolitik_01.pdf