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G8-Gipfel politisch gescheitert - Globalisierungskritiker gewinnen an Selbstbewusstsein

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29.11.2005 | 18:02 | Alter: 2 Jahre | Kategorie: Politik, Positionen

 

Die grundlegende Schwäche der politischen Linken: Prinzipielle Klarheit vor Gemeinsamkeit

Im Prozess der politischen Verständigung der verschiedenen Parteien, Strömungen und Tendenzen links von der Sozialdemokratie ist ein deutlicher Rückschlag eingetreten.

Nach dem von allen Seiten und Akteuren gefeierten Wahlergebnis im September zu den Bundestagswahlen gab es z. T. die zu erwartenden Auseinandersetzungen über die Beteiligung an den nachfolgenden Landtags- und Kommunalwahlen. (Baden-Württemberg, Rhein-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Niedersachen, Hessen). Während die hier aufgebrochenen Konflikte noch mit tragfähigen Kompromissen gelöst werden konnten, wurde in den Landesorganisationen Berlin und Mecklenburg-Vorpommern erheblicher politischer Sprengstoff freigesetzt.

Auf dem jüngsten Berliner Parteitag der WASG wurde der bisherige Kooperationsprozess zwischen Linkspartei und WASG verworfen. Mit deutlicher Mehrheit der Delegierten wurde beschlossen:
„Der Landesverband Berlin lehnt das "Kooperationsabkommen III - Rahmenvereinbarung zum Parteibildungsprozess zwischen Linkspartei.PDS und WASG" ab. Der Landesverband fordert den Bundesvorstand auf, dem Entwurf des Kooperationsabkommens, sollte er zur Abstimmung gestellt werden, nicht zuzustimmen.

....„Das Abkommen übernimmt zentrale programmatische Positionen der PDS, ohne dass eine Verständigung über diese Fragen in der WASG bereits stattgefunden hätte. Insbesondere der Anspruch auf Mitgestaltung, d.h. der Beteiligung an Regierungen, ist innerhalb der WASG aus guten Gründen umstritten. Diese Kritik soll aber innerhalb der künftigen gemeinsamen Formation marginalisiert werden, denn mit der Annahme von Punkt 6 – der Ablehnung konkurrierender Kandidaturen – würden die Regierungsbeteiligungen der Linkspartei.PDS in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern praktisch der Kritik entzogen.“

Die Politik der SPD/Linkspartei-Regierung in Berlin birgt in der Tat Konfliktpotenzial: Die Haushaltsituation in Berlin ist desaströs. Die Regierungskoalition hat eine Reihe von Entscheidungen (Tarife in öffentlichen Dienst, Sanierung der Bankgesellschaft, Personalabbau im öffentlichen Sektor, Neuorganisation des Gesundheitsbereiches etc. ) über die kontrovers zu debattieren ist. Zudem bleibt völlig offen, in welche Zukunftskonzeption oder Stadtentwicklung diese Konsolidierung- und Sparpolitik einzuordnen ist.

Die Beschlüsse des Berliner Landesparteitages betreffen im Kern aber keineswegs die landesspezifische Optionen.

Die Behauptung, man wolle die Kritiker der Beteiligung an den Landesregierungen an den Rand drängen, ist sowenig begründet wie die generelle Aussage, die Verfechter eines Kooperations- und Verständigungsprozesses hätten programmatische Positionen der Linkspartei übernommen. Diese Begründungen sind fadenscheinig und taugen nicht zur Begründung eines Konfliktkurses.


Koalitionsaussage als Schlüsselfrage?

In Anknüpfung an die Erfahrungen aus dem gemeinsamen Bundestagswahlkampf ist auf allen Ebenen – Kreise, Länder und Bund – ein Diskussions- und Verständigungsprozess eingeleitet worden, der mindestens z.T. auch weit über die Parteiorganisationen von Linkspartei und WASG hinausgreift. Nicht überall sind gemeinsamen Treffen und Veranstaltungen über die programmatisch-strategischen Zielsetzungen der demokratisch-sozialistischen Linken zustande gekommen. Es gab und gibt in beiden Parteien auch Minderheiten, die gegen einen Versuch der Verständigung eingestellt sind.

Richtig ist aber auch: auf vielen Foren und Veranstaltungen sind politische Unterschiede und das Problem der Regierungsbeteiligung auf Länderebene zur Sprache gekommen. Von Ausgrenzung keine Spur. Umgekehrt gilt: weder sind Regierungsbeteiligungen der Linkspartei. PDS neu, noch haben sich in dieser Regierungspraxis neue Gesichtspunkte ergeben.

Dagegen haben die Gegner einer Kooperation eine Änderung der Politik der Linkspartei zur Vorbedingung für die Fortführung eines Verständigungsprozesses und einer gemeinsamen Kandidatur erhoben. Der neue Berliner Vorstand der WASG argumentiert: „Ob es zu einer gemeinsamen Kandidatur in Berlin kommen wird, hängt damit entscheidend von einer deutlichen Kurskorrektur der Linkspartei/PDS ab. Den Verzicht auf eine Koalitionsaussage der Linkspartei.PDS zu Gunsten der SPD wurde als unzureichend betrachtet.“

Im Vorfeld der Bundestagswahlen wurde in der Wahlalternative in Kenntnis der Länderregierungen von Berlin und Mecklenburg –Vorpommern beschlossen:
1. es gibt eine gemeinsame Kandidatur unter dem Parteidach der Linkspartei PDS , und
2. in Auswertung der Kooperationen , Debatten und Auseinandersetzungen entscheiden ein Bundessparteitag und die Mitglieder darüber, ob es eine gemeinsame große Partei der demokratisch-sozialistischen Linken in der Bundesrepublik geben kann.

Die Minderheiten, die im Kern von Beginn gegen die Kooperation eingestellt waren, wollen jetzt Bedingungen erzwingen, die einer vorweggenommene Ablehnung den Weg bahnen und damit dass mit großer Mehrheit beschlossene erneute Votum eines Bundesparteitages und einer Mitglieder-Urabstimmung unterlaufen.

Voraussetzungen für eine Meinungsbildung und einen Entscheidungsprozess sind

· gemeinsame Veranstaltungen, weitere gemeinsame Wahlkämpfe und eine entsprechende Auswertung dieser politischen Praxis
· ein programmatisches Dokument, in dem die politischen Übereinstimmungen und Differenzen festgehalten sind
· einen Vorschlag für ein Parteistatut einer Partei der neuen Linken und einen Vorschlag für die Regelung der finanziellen und sonstigen Probleme.
Diese Punkte sind in den Kooperationsabkommen gemeinsam festgehalten worden. Die Aufforderung, der Bundesvorstand möge einen alternativen Vorschlag vorlegen ist fadenscheinig, da es den Kritikern überhaupt nicht um die Prüfung eines gemeinsamen Zusammengehens geht.

Mit einigem Abstand zu den Bundestagswahlen, in der vier Millionen WahlerInnen eine starke Fraktion in den Bundestags entsandt haben, soll jetzt wieder Engstirnigkeit zur politischen Leitlinie erhoben werden. Die Linkspartei. PDS hat im Zusammenhang mit dem Projekt einer gemeinsamen Partei Änderungen ungesetzt; der gemeinsame Programmausschuss will bis zum Frühjahr einen Entwurf für ein programmatisches Dokument vorlegen; es gibt eine Verständigung für die nächsten Schritte gegen die >große Koalition des Neoliberalismus< (Dienstleistungsrichtlinie, Mindestlohn, Alternativen zu Hartz IV). Es gibt in beiden politischen Parteien kontroverse Debatten über die Regierungspraxis in den Ländern von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.
Die Regierungsbeteiligungen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern in ihrer Praxis sind zurecht wichtige Auseinandersetzungsfelder, aber es wäre in unseren Augen sehr verkürzt, die Aufkündigung dieser Koalitionen zur Schlüsselfrage für den gesamten Prozess zu erklären.

Was es nicht gibt ist eine Zielsetzung der Kritiker an dem Projekt einer Partei der demokratischen Linken. Wer da behauptet, ein zersplitterte Linke sei ein wesentlicher Beitrag zur Veränderung des politischen Kräfteverhältnisses und zur Ablösung der Hegemonie des Neoliberalismus, hat aus der Geschichte der politischen Linken wenig gelernt.

Wenn wir den partiellen Erfolg bei den Bundestagswahlen 2005 in eine nachhaltige Konstellation transformieren wollen, dann müssen wir den Weg in Richtung auf eine Verständigung und Annäherung weitergehen.

Joachim Bischoff
Björn Radke
29.11.2005

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