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20.03.2005 | 16:58 | Alter: 2 Jahre | Kategorie: Politik

Von: Joachim Bischoff

Kein schöner Land: Die Zerstörung der sozialen Gerechtigkeit

In der Präambel der schweizerischen Verfassung ist zu lesen: "Die Stärke eines Volkes misst sich am Wohl der Schwachen". Diesen mutigen Satz hat Heribert Prantl, Redakteur der Süddeutschen Zeitung ausgegraben.

Er kommt zu dem Schluss, dass an dieser Vorgabe gemessen, die Verhältnisse in der Berliner Republik einer scharfen, radikalen Kritik unterworfen werden müssen. Zurecht steht im Klappentext des Buches: "In einer selten gewordenen Klarheit führt Heribert Prantl uns diese Situation und die Ursachen vor Augen. Er übersetzt die Sprüche, mit denen wir von der Notwendigkeit des Abschieds vom Sozialstaat überzeugt werden sollen, in klares, unmissverständliches Deutsch - und er sagt, was statt dessen getan werden muss." Und man muss nicht Alternativ-Ökonom oder Finanzexperte sein, um eine Idee von einem entschiedenen Politikwechsel zu haben.

 

Millionen Bürgerinnen und Bürger dieser Republik finden trotz erheblicher Anstrengungen keine Erwerbsgrundlage, d.h. im Regelfall keine Erwerbsarbeit. Sie haben nicht nur mit einer persönlich schwierigen Situation fertig zu werden, sie werden darüber hinaus vielfach ausgegrenzt aus dem gesellschaftlichen Leben - diskriminiert. "Aber Exklusion ist kein reines Arbeitsmarktphänomen. Von sozialer Ausgrenzung bedroht sind auch viele Menschen, für die sich die Frage nach Arbeit noch nicht oder nicht mehr stellt, zum Beispiel Kinder und Alte."(146) Der Staat müsse diesen Ausschluss beseitigen, nicht nur wegen der grundgesetzlich vorgeschriebenen Normen unseres Zusammenlebens, sondern auch weil gesellschaftliche Ausgrenzung und wachsende politische Apathie selbst zum Gefahrenpotential für das demokratische Gemeinwesen werden. "Die Politik leugnet die moderne Armut in jederlei Form heute genauso, wie sie jahrzehntelang geleugnet hat, dass Deutschland ein Einwanderungsland und seine Gesellschaft eine Einwanderungsgesellschaft ist."(152) "Unsere Gesellschaft mutiert zur Klassengesellschaft, aber sie merkt es nicht, weil der Mythos von der "nivellierten Mittelstandsgesellschaft" das kollektive Bewusstsein beherrscht".(152)

 

Prantl beschreibt prägnant das Zerbröseln der sozialen Marktwirtschaft, die ein Resultat des Ringens der Nachkriegsgewerkschaften mit dem Kapital war. Die Entfesselung des Kapitals zerstört die soziale Sicherheit und damit ökonomische Strukturen und Menschen. "Sozialstaat und Demokratie gehören zusammen, sie bilden eine Einheit. Wer den Sozialstaat beerdigen will, der muss also ein Doppelgrab bestellen."(32)

 

Als ausgebildeter Jurist hat der Redakteur Prantl eine gute Erinnerung daran, dass in den Verfassungen der deutschen Länder als Ergebnis des Ringens zwischen Gewerkschaften und Kapital als Kompromiss die deutliche Besteuerung von Vermögen und Vermögenseinkommen festgelegt worden war. Zurecht kann man also aus der Bayrischen Verfassung zitieren: "Arbeitsloses Einkommen arbeitsfähiger Personen wird nach Maßgabe der Gesetze mit Sondersteuern belegt. (...) Die Erbschaftssteuer dient auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern." Diese Unterordnung der des angehäuften Reichtums unter die gesellschaftliche Kontrolle ist nie mit Konsequenz betrieben worden; jetzt erzwingt die Verwertung dieses verknöcherten Reichtums erneut die Unterordnung aller gesellschaftlicher Verhältnisse unter das Diktat des Profits. "Wenn also der Gesetzgeber sich zum Akkumulationsgehilfen macht, wenn er nicht versucht, Ungleichheit auszugleichen, wenn er sich vor der Pflicht drückt, dem Satz "Eigentum verpflichtet" zu einer guten Geltung zu verhelfen, wenn es also seine Gemeinwohlverantwortung leugnet - dann ist Deutschland nicht der Staat, den Grundgesetz und Landesverfassungen konstituieren wollten."(64)

 

Und warum wird solch verfassungswidriges Treiben mehrheitsfähig ? Prantl hat dafür Erklärungsansätze, allerdings geht es ihm mehr um das Erscheinungsbild der Zerstörung von Sozialstaat und Demokratie. Der moderne Kapitalismus ist eine säkularisierte Heilslehre. Im Zentrum steht die diesseitige Erlösung durch Reichtum. Dies Heilslehre findet viele Mitwirkende bei der Inszenierung des Ritus vom Reichtum. Dies zieht eine Uniformität von Wissenschaft und Publizistik nach sich, womit in der öffentlichen Debatte kritischen Stimmen nicht durchdringen können. Und schließlich erzeugt das internationale Wirtschaftssystem Angst, die viele hilflos und gefügig macht. Prantl vergleicht den Neoliberalismus im Alltag und im Alltagsbewusstsein mit der neuen Pest: "man weiß nicht recht, woher sie kommt, man weiß nicht, was dagegen zu tun ist, man weiß nur, dass man ihr Opfer ist oder werden kann. Man erlebt die allgemeine Hilflosigkeit der Politik"(119)

 

Prantl singt nicht das Lied vom Tod des Sozialstaats; im Gegenteil, knapp, prägnant und bildhaft wird für das Verständnis von Gegenliedern argumentiert. "Solche Gegenlieder haben auch Hunderttausende von Demonstranten in Europa gesummt.(...) Vordergründig war und ist diese Protestbewegung gegen Sozialabbau eine negative Bewegung, weil sie nur abzulehnen scheint. Doch durch dieses "Nein" schimmert mehr: die Suche nach anderen Leitlinien der Politik."

Gerade Anhänger und Sympathisanten eines Politikwechsels können aus diesem Buch von Prantl die Grundideen einer wählbaren Alternative herauslesen.

 

H. Prantl

Kein schöner Land

Die Zerstörung der sozialen Gerechtigkeit

Droemer-Verlag 2005

 

 

Joachim Bischoff

 

 

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