Die Nachricht.
Trotz hoher Arbeitslosigkeit: "Weiter so!" ?
Die registrierte Arbeitslosigkeit erreicht im Februar mit 5,2 Millionen (Arbeitslosenquote 12,6 %) einen erneuten Spitzenwert. Diese Entwicklung ist zugleich eine eindeutige Quittung für die grundfalsche Politik der Agenda 2010 und den sogenannten Hartz-Reformen. Leider ist eingetreten, was Kritiker der sozialdemokratischen Politik stets befürchtet hatten – alle Instrumente aus dem Instrumentenkasten der "modernen Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" haben sich als vollständig untauglich erwiesen.
Der Kommissionsvorsitzende Peter Hartz hatte im August 2002 das Ziel verkündet: zwei Millionen Arbeitslose weniger in drei Jahren. Bundeskanzler Schröder hatte zugleich unterstrichen: „ Die Zahl der Arbeitslosen kann halbiert werden. Dieses Ziel ist seriös und realistisch.“ Wir sind zwar noch sechs Monate vor dem Abrechnungszeitpunkt (drei Jahre) entfernt, aber von einer spürbaren Tendenz der Verminderung der Massenarbeitslosigkeit kann keine Rede sein. Die Personalserviceagenturen haben einen Bestand von knapp 30 000 Leiharbeitern; die Ich-AG´s bringen es immerhin auf rund 240 000 Selbständige, wenngleich der Großteil diesen Ausflug mit einer hohen persönlichen Verschuldung beendet; die Minijobs sind stark im Aufwind bei fast 7 Millionen, aber weder können die Menschen davon leben noch tragen diese Beschäftigungsverhältnisse zur Überwindung der Finanzkrise der sozialen Sicherungssysteme bei.
Die Zerschlagung der Bundesanstalt für Arbeit, die Demontage der Fortbildungsmaßnahmen und der Arbeitsbeschaffungsprojekte, sowie die Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe haben letztlich den Druck für die Krisenopfer nur drückender gemacht und die ökonomische Abwärtsspirale beschleunigt.
Der Zertrümmerung der Bundesanstalt für Arbeit erfolgte vor der Einschätzung, dass die Berliner Republik in einen neuen selbstragenden Konjunkturaufschwung mit weniger Sockelarbeitslosigkeit hineinstarten würde. Statt konjunktureller Belebung verharrt die Ökonomie in hartnäckiger Stagnation; die zarte Aufwärtsbewegung des Jahre 2004 (Wirtschaftswachstum von 1,6 %) ist am Ende des Jahres bereits ausgelaufen. Die Konjunkturaussichten für das laufende Jahr sind mindestens durchwachsen und bei den geringen Impulsen ist mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen.
Auch hier gilt: der Großteil dieser Wachstumsschwäche ist selbstgemacht. Die privatkapitalistischen Investitionen sollten >brummen<, wenn die Belastung des Kapitals zurückgenommen wird. Die Liste der Steuersenkungen ist beeindruckend:
- keine Erhebung der Vermögenssteuer,
- Streichung der Gewerbekapitalsteuer,
- Reduktion der Körperschaftssteuer,
- Absenkung des Spitzensteuersatzes auf 42 %,
- Amnestie für Steuerflüchtlinge und diverse Begünstigungen für Unternehmensverkäufe, die Versicherungswirtschaft etc.
Die Investitionen der kapitalistischen Wirtschaft sind nach wie vor im Keller und die Investitionen der öffentlichen Hände auf Tiefstniveau, weil eben die begrenzten öffentlichen Mittel für Steuersenkungen verpulvert wurden.
Die Regierung wird selbst von der "Bild-Zeitung" aufgefordert, endlich etwas zu tun. Und was fällt dem Superminister Clement ein: man muss jetzt erneut noch vor der Bundestagswahl 2006 eine Senkung der Unternehmenssteuern durchsetzen. Sowohl die Personengesellschaften als auch die Kapitalsgesellschaften seien in Deutschland zu stark belastet. Solange aber die Massenkaufkraft wegen stagnierender Arbeitseinkommen, gekürzter Sozialeinkommen gering bleibt, solange der öffentliche Sektor keine Investitionen betreiben kann, solange wird sich an der Abwärtsspirale nichts ändern. Wir brauchen also kein „Weiter so“, sondern einen radikalen Politikwechsel: Ausweitung der öffentlichen Investitionen, Beteiligung der ArbeitnehmerInnen an den Zuwächsen des Sozialprodukts, Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und der öffentlichen Dienstleistungen. Eine andere Politik ist realisierbar, aber dazu muss das bisherige Kartell der neoliberalen Meinungsmacher und Politiker aufgebrochen werden.