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Die Nachricht.

09.05.2006 | 11:38 | Alter: 1 Jahre | Kategorie: Pressemitteilungen

Von: Günter Frech

Mit Leidenschaft für den Mindestlohn - Eindrucksvolle Anhörung im Bundestag mit britischen Gästen

"Diejenigen, die hier gegen den Mindestlohn kämpfen, sorgen dafür, dass bestimmte Berufsstände einen Mindestlohn bekommen: Rechtsanwälte, Steuerberater, Architekten und andere selbständige Berufsgruppen haben eine gesetzliche Gebührenordnung, die ihnen ein Mindesthonorar sichert. So gesehen sind wir für ein Mindesthonorar." Mit diesen Worten eröffnete am 8. Mai Fraktionschef Oskar Lafontaine die öffentlichen Anhörung der Fraktion DIE LINKE. zum Mindestlohn.

Danach ging es gleich zur Sache. Auf dem Podium berichteten drei Vertreter der britischen low pay commission (Mindestlohnkommission) über ihre Erfahrungen mit dem Mindestlohn. Die Kommission ist drittelparitätisch besetzt: drei Vertreter kommen vom Dachverband der Gewerkschaften TUC, drei con den Unternehmern und drei aus der Wissenschaft. Ian Brinkley vom TUC führte drei Gründe an, die für den Mindestlohn sprechen: erstens ist er ein Instrument gegen Ausbeutung, zweitens gegen Armut und drittens gewährleistet er eine Gleichstellung der unteren Einkommen. Die anfängliche Befürchtung, der britische Mindestlohn hebele die Tarifautonomie aus, löste sich Brinkley zufolge in Luft auf.

John Cridland vom britischen Industrieverband machte deutlich, dass auch die Unternehmer etwas gegen den hohen Grad der Ausbeutung in Folge der Thatcher-Ära tun mussten. Zwar sei in seinem Verband zunächst die Skepsis groß gewesen, "doch irgendwann mussten wir einsehen, dass wir die Schlacht verloren haben", so Cridland. "Dann mussten wir uns fragen, ob wir uns isolieren oder mitmachen wollen." Die Unternehmer wollten das Geschäft nicht der Politik überlassen und beschlossen, sich an der low pay commission zu beteiligen. Nach beinahe zehn Jahren Mindestlohn in Großbritannien könne man nur eine positive Bilianz ziehen. "In unserem Land gibt es niemand, der den Mindestlohn wieder abschaffen möchte", so der Industrievertreter.

Der Ökonom William Brown von der Universität Cambridge erzählte von den Anfängen des Mindestlohns. "Wenn es um Erneuerung geht, gibt es immer den politischen und den sachlichen Blick", sagte der Ökonom. Nachdem die Argumente ausgetauscht waren, wendete man sich dem sachlichen Blick zu und nach Auswertung vieler Untersuchungen sei klar geworden, dass es beim Mindestlohn nur Gewinner geben werde.

Brown erzählte, dass es der Kommission wichtig ist, vor Ort etwas über die Probleme der Menschen zu erfahren. Etwa zehn Mal im Jahr würden alle Kommissionsmitglieder durchs Land fahren, um sich ein Bild über den Mindestlohnbereich zu machen. "Da erfahren wir Dinge, die wir nie in der Zeitung lesen würden." Und schließlich sei der britische Mindestlohn auch deshalb ein Erfolgsmodell, "weil er unabhängig von der Politik festgelegt wird". Alle drei Kommissionsmitglieder ermutigten die Akteure in Deutschland, zunächst eine gründliche Debatte zu führen. Damit müsse irgendwann aber Schluss sein. "Wenn Sie den Boden gelegt haben, müssen Sie den Mindestlohn aber auch einführen", so unisono die Gäste aus Großbritannien.

Zuspruch erhielt die Fraktion auch von den geladenen deutschen
Gewerkschaftsvertretern. Der Tarifexperte der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Jörg Wiedemuth, sah in der unterschiedlichen Höhe der Mindestlohnforderung – die Gewerkschaften fordern einen Einführungs-Stundenlohn von 7,50 Euro – kein Problem. "Es wird darauf ankommen, was gesellschaftlich durchsetzbar ist." Das Konzept der Fraktion stimme "summarisch mit dem der Gewerkschaften überein", so der Tarifexperte.

"Der Vorschlag der Fraktion ist ein konstruktiver Beitrag zur Lösung eines Problems", sagte der IG Metall-Tarifpolitiker Christoph Ehlscheid. "Die Zeit ist reif für den Mindestlohn", so Gerd Pohl, Leiter der Abteilung Tarifpolitik der Gewerkschaft Nahrung, Genuss Gaststätten. In Anspielung auf die Größe seiner Gewerkschaft und die
Größe der Fraktion sagte Pohl: "Wenn man eine kleine Gewerkschaft oder eine kleine Fraktion ist, muss man entweder ziemlich schnell oder ziemlich gut sein." Bei der Fraktion komme beides zusammen.

Die etwa 80 Teilnehmer an der Anhörung spendeten den Rednern immer wieder Szenenbeifall, so eindrucksvoll wurden die Argumente vorgetragen. Auch in der Mittagspause gab es viele Expertengespräche in kleiner Runde. Besonders dankbar zeigten sich einige Diskussionsteilnehmer über die britischen Experten. "Das war
eindrucksvoll" war immer wieder zu hören. Die Anhörung zeigte, dass es sich lohnt, "mit Leidenschaft für den Mindestlohn zu streiten", wie es Claus Schäfer vom WSI ausdrückte. Auch der federführende Abgeordnete Werner Dreibus zog eine positive Bilanz: "Jetzt sind wir gerüstet und formulieren unseren Antrag. Wir werden dafür sorgen, dass in den nächsten Wochen nicht nur über Maximalprämien für Fußballprofis geredet wird, sondern kraftvoll auch über den Mindestlohn."

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