Die Nachricht.
Nürnberger AEG-Werk: Aus Ertragsgier geschlossen
Mit der drohenden Schließung werden 1750 Metallerinnen und Metaller ihre Arbeitsplätze verlieren.
Dieser Beschluss ist der vorläufige Höhepunkt einer Serie von, „knallharten“ Entscheidungen, die sich die hoch bezahlten AEG und Electrolux-Manager in den letzten Jahren geleistet haben. Die Spätfolgen tragen nun am Schluss die Beschäftigten. Erst 2001 war die Staubsaugerproduktion von Rothenburg ob der Tauber nach Ungarn verlagert worden.
Doch die „Geschichte“ beginnt viel früher.
Am Anfang stehen Fehlentscheidungen des Managements. Bereits 1991 (!) hatte der damalige Vorstandsvorsitzende Damm auf die Zukunftssicherung des Hausgerätewerkes in Nürnberg gedrängt. In Nürnberg werden Wasch- und Spülmaschinen sowie Trockner produziert. Nicht die Lohnkosten- oder Arbeitszeitdebattte waren der Anlass – die Produktionslogistik über mehrere Stockwerke machten ihm die Hauptsorgen für die Zukunft. Aber das Werk war noch höchst profitabel, Damm`s Vorstoß fand kein Gehör.
Mit den guten Ergebnissen aus den deutschen Werken füllte Elektrolux im weltweiten Konkurrenzkampf seine „Kriegskasse“ und war auch auf Grund der Bündnis für Arbeit-determinierten Lohnzurückhaltung bestens ausgestattet andere Märkte zu erschließen.
Besonders der erwartete Wachstumsmarkt in Osteuropa weckte die Begehrlichkeit der Elektrolux-Manager.
Warum sollten sie auch in einen Markt mit ständigen Kaufkraftverlusten investieren. Wo kein Käufer, da kein Absatz, da kein Profit. So entstanden in Polen hochmoderne Werke, die aber nahezu leerstehen. Man hat sich in der hysterischen Goldgräberstimmung im Osten verzockt. Trotz enormer Lohnsteigerungen fehlt es an den Absatzchancen in großem Stil in den osteuropäischen Ländern immer noch. Handlungsbedarf war gegeben. Anfang des Jahres schickte Electrolux einen knallharten Sanierer nach Nürnberg. Der befand – wie gewünscht -, die Rendite im hochmodernen und profitablen Werk Nürnberg sei nicht ausreichend.
Selbst im nicht gerade gewerkschaftsfreundlichen Wirtschaftsteil der >Süddeutschen Zeitung> heißt es: „Es ist ein übles Trauerspiel, wie Electrolux mit der Tochter AEG umspringt...So wird die Marke AEG mutwillig zerstört... Die Manager kaschieren nur eigenes Versagen, wenn sie die Zahlen aus Nürnberg mit polnischen oder rumänischen vergleichen.“ T
„Immer billiger zu produzieren und dafür die weltweit günstigsten Standorte zu suchen, gilt beim Electrolux-Konzern als der Gipfel der Managementkunst“ schreibt der Gesamtbetriebsrat in einer Erklärung. Dazu ist dem Management nahezu jedes Mittel Recht. Unverholen hatten sie eine Lohnkostensenkung verlangt – durch die Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich.
Bereits 2004 hatte AEG bekannt gegeben: Wir haben unseren Gewinn auf hohem Niveau verdoppelt (80 Mio Euro), wir werden diesen Gewinn ins Ausland transferieren um ihn nicht in Deutschland versteuern zu müssen; weil uns das alles aber nicht reicht wollen wir die 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich.
Die Entscheidung der Stockholmer Manager charakterisiert den qualitativ neuen Stil vieler Führungszentralen der deutschen Wirtschaft von Conti über Infineon bis zu Karstadt-Quelle bis zur Telecom: weder soziale noch volkswirtschaftlichen Kriterien sind künftig von irgendeinem Belang sein.
Selbst die Verzichtbereitschaft der Beschäftigten war (wie bei Conti) unerheblich. Die Entscheidung der Konzernspitze fiel, obwohl die Beschäftigten zu erheblichen Einkommenseinbußen bereit waren, um so die Produktionskosten für das Unternehmen zu senken. Sie waren zu weit reichenden Einschnitten bereit um das Nürnberger Werk im Wettbewerb mit anderen europäischen Fertigungsstätten bestehen zu lassen.
Es geht offensichtlich also auch darum ein Exempel am deutschen Sozial- und Tarifmodell zu statuieren – koste es was es wolle. Elektrolux hat die AEG in fünf selbstständige Gesellschaften zerschlagen, von denen vier außerhalb der Tarifbindung gebracht werden sollen. In diesen Gesellschaften werden die Beschäftigten – nach bester Union-Busting-Methode – rechtswidrig mit massivem Druck gezwungen, neue „tariffreie“ Arbeitsverträge zu unterschreiben, um die Gesellschaften letztlich gewerkschaftsfrei zu machen
Der mit diesem Kahlschlagkonzept angerichtete Schaden – so der Gesamtbetriebsrat in seiner Erklärung - wird zu Lasten der gesamten in Deutschland produzierenden Hausgeräte-Industrie gehen. Der Trend zum ‚Billigen Jakob’ wird noch einmal verstärkt. Qualitativ hochwertige, verbrauchsarme Hausgeräte Made in Germany werden es hierzulande noch schwerer haben, während Produkte der deutschen Hausgeräte-Industrie zum überwiegenden Teil ins Ausland gehen wo diese Produkte gut nachgefragt werden, obwohl sie doch - so die ständige Behauptung der Geschäftsleitungen - zu teuer seien.
Diesem Kurs stellt die IG Metall ihre Kampagne „Besser statt billiger“ entgegen.
In der nun anstehenden Auseinandersetzung werden wir die Nürnberger AEG Beschäftigten nach Kräften unterstützen. Wir teilen die Wut und Empörung der Belegschaft des Nürnberger AEG-Werks.
Wir verurteilen die bis Ende 2007 geplante Schließung.
Aber Wut und Empörung sind das Eine – eine konkrete Politik zur massiven Verhinderung das Andere. So darf die Ankündigung des 2. Bevollmächtigten der Nürnberger IG Metall, man werden „das Werk nicht besenrein übergeben„ nur als diplomatische Formulierung für einen härteren gewerkschaftlichen Widerstand verstanden werden. Ob dazu die (eigentlich defensive) Forderung nach einem Sozialtarifvertrag ausreicht, darf bezweifelt werden.
Auch parlamentarische Initiativen Der Linken können dazu genutzt werden anhand dieses Beispiels den Angriff auf unser Sozialmodell und die Zerstörung der Tarifverträge zu skandalisieren. Auch damit gilt es jetzt den Widerstand zu unterstützen.
Lassen wir die Frauen und Männer des AEG-Werks nicht allein!
Deren nächste Demonstration findet am Dienstag, 20. Dezember 2005 um 16:30 Uhr in Nürnberg statt.
Solidaritätsadressen an: vst.nuernberg@ und/oder igmetall.deharald.dix@ electrolux.de