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Die Nachricht.

01.11.2005 | 16:10 | Alter: 2 Jahre | Kategorie: Politik, Positionen

 

SPD im Widerspruch - Münteferings Rückzug und die Folgen

(Quelle: faz-net)

Mit dem deutlichem Votum des Parteivorstands, die Funktion des Generalsekretärs mit der zum linken Flügel der Partei zählenden Andrea Nahles zu besetzen, hat sich die SPD ein Führungsproblem organisiert.

Neben dem amtierenden Bundeskanzler Schröder führt jetzt ein nur noch amtierender Parteivorsitzender Müntefering die komplizierten Verhandlungen über eine große Koalition.

Der Partei- und Fraktionsvorsitzende Müntefering hat mit dem Verzicht auf eine Fortführung seiner bisherigen Machtposition innerhalb der Sozialdemokratie eine latente Krisenkonstellation offengelegt. Er war unbestritten die zentrale Führungsfigur, die nach der Serie von Wahlniederlagen die sozialdemokratische Partei stabilisiert hat. Unter seiner Führung und in Kooperation mit dem Regierungschef Schröder hat die SPD - in Absetzung zur neoliberalen Politik der Agenda 2010 - einen engagierten Wahlkampf gegen eine Abschaffung der »sozialen Marktwirtschaft« geführt.

 

Bei der jetzt versuchten Option einer Großen Koalition zwischen Unionspartein und SPD sieht sich die sozialdemokratische Linke personell und inhaltlich zu wenig berücksichtigt. Je deutlicher sichtbar wurde, dass das künftige Regierungsprogramm angesichts der desolaten Finanzen bei den öffentlichen und sozialen Kassen auf eine Verschärfung des Spar- und Umverteilungsprozesses hinausläuft, desto stärker forderte die sozialdemokratische Linke ein vom künftigen Regierungskurs unterschiedenes politisches Profil der SPD ein. Die Besetzung der/s Generalsekretärin/s wurde mehr und mehr zum Politikum.

 

Müntefering wollte mindestens für die Startphase der großen Koalition eine entsprechende Konstellation beibehalten. Der bisherige Bundesgeschäftsführer Wasserhövel, schon bislang im Team des Parteivorsitzenden Müntefering ein geräuschloser Leistungsträger ohne eigene politische Ambitionen und Profilierungseitelkeiten, sollte wie bisher dem Parteivorsitzenden und künftigen Vizekanzler die Parteiloyalität organisieren. Die sozialdemokratische Linke sah und nutzte ihre Chance: Eine Mehrheit der führenden Parteifunktionäre wollte gegenüber der zu erwartenden Regierungspolitik die eigenständige Linie in Richtung sozialer Gerechtigkeit zumindest rhetorisch fortführen; dies hätte freilich eine begrenzte, aber beständige Reibungsfläche zwischen Regierungsfraktion und Partei bedeutet. Müntefering hat die Bedeutung des Konfliktes um die Besetzung der/s Generalsekretärin/s unterschätzt und damit die Chance zu einer Kompromisslösung mit der sozialdemokratischen Linken vergeben.

 

 

Die Konsequenzen der Machtrangeleien in der SPD...

 

Die Partei wird sicherlich eine zügige Neubesetzung für den Parteivorsitz organisieren können; aber die/der künftige Parteivorsitzende/r muss mit dem Widerspruch umgehen, dass die Partei mehrheitlich auf eine Politik der Modernisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse ausgerichtet ist, was eine weiter wachsende Entfremdung zu großen Teilen der Mitgliedschaft und der WählerInnen einschließt; denn diese sollen - wie in den letzten Jahren - auch künftig auf eine Beteiligung am gesellschaftlichen Wohlstand verzichten und größere soziale Unsicherheit akzeptieren. Alle bisher gehandelten personellen Alternativen stehen nicht für eine neue gesellschaftspolitische Zukunftsvorstellung. Die SPD braucht aber eine programmatische Neubesinnung für die Gestaltung des Kapitalismus des 21. Jahrhunderts, will sie sich nicht - wie andere Parteien der europäischen Sozialdemokratie - in einem Niedergangsprozess einrichten.

Mit der faktischen Auflösung des sozialdemokratischen Machtzentrums um Müntefering wird die Verständigung auf eine große Koalition erneut unsicher. Logischerweise sind innerhalb der christdemokratischen Union sofort Zweifel daran formuliert worden, ob eine Regierung mit einem harten Sanierungs- und Umverteilungsprogramm angesichts der desolaten Lage in der sozialdemokratischen Führung überhaupt die unverzichtbare Stabilität aufweist. Erneut haben deshalb die Stimmen an Gewicht gewonnen, die Neuwahlen im Frühjahr 2006 für eine optimalere Lösung halten. Selbst wenn das sozialdemokratische Führungsproblem auf dem Parteitag Mitte November mit großen Mehrheiten beendet werden sollte, bleibt für die SPD eine politischer Imageverlust.



Die "Linke" muss ihre gesellschaftspolitischen Alternativen vorstellen!


Auf der anderen Seite hat die jüngste Krisenentwicklung erneut Spekulationen innerhalb der Linkspartei und der Wahlalternative beflügelt, dass eine rot-rot-grüne Regierungskoalition doch eine politische Alternative sein könnte. Mit Blick auf den Wahlkampf der SPD "für soziale Gerechtigkeit gegen neoliberale Umverteilungspolitik" kann man das Wahlergebnis als linke Mehrheit gegenüber den neoliberalen Parteien CDU/CSU und FDP interpretieren. Unstrittig sollte aber gleichwohl sein, dass auch SPD und Grüne - wenn auch mit anderer Ausrichtung und internen Widersprüchen - von der Notwendigkeit eines Sanierungsprogramms zu Gunsten der Unternehmen und der Vermögenden überzeugt sind. Die Linke - die Linkspartei. PDS und die WASG - hat ihre Mandate mit der Aussage erkämpft, dass politische Alternativen zur neoliberalen Sanierungspolitik möglich und machbar sind. Die linke Fraktion will den Opfern neoliberaler Politik eine Stimme geben und die Debatte über Alternativen wieder eröffnen. Daher ist für die Tolerierung oder gar eine Regierungsbeteiligung kein Spielraum vorhanden. »Solange ... alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien übereinstimmend ihre Aufgabe darin sehen, zur Pflege attraktiver Kapitalrenditen die Kosten menschlicher Arbeit und gesellschaftlicher Vorsorge zu senken, mit der unausweichlichen Folge individueller und öffentlicher Verarmung, solange alle 'Reformen' um das Dogma kreisen, die Gesellschaft den alles durchdringenden Gesetzen von Markt und Wettbewerb zu unterwerfen, solange fehlen der Linken politische Bündnispartner.«1

Die Linke sollte also ihre gesellschaftspolitischen Alternativen verdeutlichen. Wenn wir mehr soziale Sicherheit und eine deutliche Verminderung der Arbeitslosigkeit durchsetzen wollen, dann ist ein politischer Richtungswechsel unverzichtbar. Die Besinnung auf die eigene Substanz ist auch aus dem möglichen Szenario geboten, dass vorgezogene Neuwahlen nicht ausgeschlossen werden können. Mit einem »Linksbündnis« haben die Akteure unter dem Zeitdruck vorgezogener Bundestagswahlen ein tolles Ergebnis erkämpfen können. Dies wird man allerdings nicht wiederholen können, wenn der Prozess der Herausbildung einer Partei der demokratischen Linken nicht auch inhaltlich energisch vorangetrieben wird.

1) Detlev Hentsche - Alternative Opposition in: Blätter für deutsche und internationale Politik 11-2005 S.133

 

Joachim Bischoff
Björn Radke

 

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