Die Nachricht.
VW will Gewinne steigern und dafür bis zu 10.000 Arbeitsplätze abbauen
Auf der Betriebsversammlung bei VW eröffnete Konzernchef Pischetsrieder der Belegschaft, dass Volkswagen an den deutschen Standorten "einen Personalüberhang in einer Größenordnung von mehreren tausend Mitarbeitern" habe.
Der Stellenabbau solle deshalb forciert werden, unter anderem durch Vorruhestandslösungen via Altersteilzeit. Es ist zu befürchten, dass bei Volkswagen im Inland rund 10.000 der 102.500 Stellen wegfallen. Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstagausgabe) sollen in den europäischen Werken, wo derzeit etwa 123.000 Menschen arbeiten, bis Ende 2008 nach etwa 14.000 Arbeitsplätze gestrichen werden.
Konzernchef Pischetsrieder stellte nicht die "Profitkrise" in das Zentrum seiner Argumentation, sondern die komplizierte Konstellation auf den Absatzmärkten. Es sei nötig, die „Wertschöpfungskette“ weiter zu straffen. Bis 2008 sollen die Kosten um 7 Milliarden Euro gesenkt werden, was bedeutet, dass dann der Gewinn vor Steuern 2004 um 4 Mrd. Euro auf 5,1 Euro gesteigert werden könne. Der VW-Konzern agiere in einem schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld, auf stagnierenden und teils rückläufigen Märkten; wegen der erheblichen Überkapazitäten in der internationalen Automobilindustrie müsse eben auch bei VW der Wettbewerbsdruck aufgegriffen und in Kostensenkungsprogramme umgesetzt werden. Die Anteilseigner und ihre Vermögensverwalter hörten diese Ankündigung mit Freude.
Im Zentrum des umfassenden Kostensenkungsprogramms stehen die Einkommen der Lohnabhängigen und viele Arbeitsplätze.
Die schwierige Konstellation der Märkte ist nicht zu bestreiten. Die meisten großen Automobilkonzerne kämpfen mit Überkapazitäten und einer Ertragskrise. Teilweise haben die Konzerne in den letzten Jahren mit einer Ausweitung der Produktpalette und einseitigen Entscheidungen in der Modellpolitik diese Situation mit herbeigeführt. Auf der anderen Seite ist seit geraumer Zeit auch überdeutlich, dass in den reifen kapitalistischen Gesellschaften die Automobilindustrie selbst an die Grenzen der Markterweiterung gestoßen ist. Mit dem jetzt beschrittenen Weg bei Fiat, Opel, Daimler-Chrysler und jetzt VW wird man aber aus dem negativen Anpassungszwang nicht herauskommen.
Im Zentrum der Kostensenkungsprogramme stehen Arbeitsplätze, Arbeitszeiten und Einkommen der Beschäftigten. Gerade zu charmant hat der Vorstandsvorsitzende auf der Betriebsversammlung bei VW die Strategie umschrieben: VW muss die Personalkosten reduzieren; „und zwar entweder durch niedrige Kosten pro Mitarbeiter, durch weniger Mitarbeiter oder eine Kombination aus beidem.“
Der neue VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard setzte die Belegschaft unter Druck: Er forderte Zugeständnisse bei den Arbeitskosten als Bedingung für den Verbleib der Fertigung des neuen Geländewagens im Wolfsburger Werk. So sei etwa denkbar, dass Arbeitnehmer bei Krankheit nacharbeiten sollten. Ultimativ forderte er von den Betriebsräten die Einwilligung bis zum 26. September. Wenn bis zu diesem Datum eine Verständigung nicht möglich sei, gehe die Produktion nach Portugal, wo pro Fahrzeug 1.000 Euro gespart werden könne. Unter den Bedingungen des Haustarifs in Wolfsburg sei eine wirtschaftliche Produktion nicht möglich.
Die geforderten Einschnitte haben einen konkreten Bezugspunkt: den bei VW vor kurzem abgeschlossenen Zukunftstarifvertrag. Die Beschäftigten dachten, die gemachten Zugeständnisse würden ihnen eine Atempause bis 2011 verschaffen, denn bis dahin sind betriebsbedingte Kündigungen eigentlich ausgeschlossen.
Diese vertragliche Vorgabe soll eingehalten werden. Mit Abfindungen, Vorruhestands- und Altersteilzeitregelungen sollen über freiwillige Fluktuation Massenkündigungen vermieden werden. Der Vorstand lässt freilich durchblicken, dass er auch eine deutliche Absenkung des Haustarifvertragsniveau auf den Flächentarifvertrag anstrebt; die Regelungen des ausgegliederten Modells 5000 mal 5000 sollen teilweise für die deutschen Werke herangezogen werden, um eine höhere Flexibilität und ein niedrigeres Entgeltniveau durchzudrücken.
Gewerkschaftliche Gegenwehr allein wird nicht reichen
Der Betriebsrat hat einerseits gefordert, die Abschlüsse des letzten Tarifvertrages einzuhalten; auf der anderen Seite kommt er um weitere Verhandlungen nicht herum, um sozialverträgliche Lösungen zu erzwingen. Eine wirklichen Kurswechsel in Richtung höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten und Ausbau der sozialen Sicherheit wird es allein durch gewerkschaftliche Gegenwehr nicht geben.
Die Politik ist gehalten die ökonomische Stagnation zu beenden und einen Ausweg aus der sozio-ökonomischen Abwärtsspirale einzuleiten. Diesen Kurswechsel wird es weder mit Rotgrün noch unter einer Regierung Merkel geben. Im Gegenteil, die bürgerlichen Parteien orientieren darauf, betriebliche Bündnisse für Arbeit zu ermöglichen, womit die Möglichkeiten gewerkschaftlicher Gegenwehr noch weiter eingeschränkt werden.
Wer eine entschiedenen Politikwechsel in Richtung zu höheren Löhnen, nachhaltigem qualitativen Wirtschaftswachstum und mehr sozialer Sicherheit will, der muss am 18.9. die Linkspartei wählen