Die Nachricht.
Wer will die Turbo-Vereinigung und zu welchem Preis ?
Das "Neue Deutschland" hat treffsicher eine politische Alternative ausgemacht – zwei Tage vor der Wahl: „Turbofusion kontra Dauerdebatte ,Diskussionen über den Zeitrahmen einer Vereinigung von WASG und Linkspartei“
Die Information ist treffend: Das Linksbündnis unter Führung der Linkspartei. PDS ist mit etlichen Blessuren über die politische Bühne gegangen. Das Wahlprogramm atmete gewiss nicht den Geist einer offenen Verständigung; die Anlage des Wahlkampfes war logischerweise Sache der Linkspartei. PDS. Es ging alles nach dem Motto: die PDS ist Herrin des Verfahrens und ihr Spitzenkandidat sorgt dafür, dass der politische Prozess "cheffig" bleibt.
Wer wundert sich darüber, dass der kleinere Partner sich gegen die Fortsetzung der Turbo-Manier wendet. In der Tat gehen die Meinungen auseinander, ob früher oder später eine selbstkritisch erarbeitete Grundlage für einen dauerhaften Vereinigungsprozess zu erreichen ist.
In den Reihen der Linkspartei.PDS gibt es eine starke Strömung, die eine Vereinigung beider Parteien möglichst schnell – am besten noch vor den kommenden Landtagswahlen im Frühjahr 2006 abgeschlossen haben möchte. Entsprechend dieser Sichtweise zitiert der Autor Tom Strohschneider die Positionen des Berliner Landesvorstandes der Linkspartei: :“Auf Bundesebene, ... gelte »eine Vereinigung fast schon als beschlossene Sache«. „
Eben fast: Denn die Beschlüsse der Wahlalternative besagen eindeutig: es muss eine selbstkritische Phase der Aufarbeitung und programmatischen Bilanzierung geben. „In die Euphorie über die »historische Chance« der viel zitierten Neuformierung der Linken in der Bundesrepublik mischen sich inzwischen allerdings auch zögerlichere Töne. »Eine Turbovereinigung kann es für die WASG nicht geben«, warnen Vorstandsmitglieder der Wahlalternative unter der Überschrift »Zukunft Linkspartei«. Diese Töne waren immer zu hören.
Tatsache ist: Der Kasseler Parteitag der Wahlalternative beauftragte deren Vorstand, »durch konkrete Schritte einen Verständigungsprozess der demokratischen Linken einzuleiten«. Diesem Auftrag stimmte die übergroße Mehrheit der Basis in einer Urabstimmung zu. Sowohl der Kasseler Parteitag als auch in der Urabstimmung wurde stets eine Phase der Aufarbeitung der gemeinsamen Debatten festgelegt, selbst wenn dies beim “Neuen Deutschland“ anders gesehen wird. Dort sieht man „auch in der Wahlalternative den Wunsch nach etwas mehr Tempo. Der ehemalige Stuttgarter SPD-Fraktionschef Ulrich Maurer sieht ein »ausgezeichnetes Verhältnis« zwischen PDS und WASG und wirbt »als überzeugter Integrationist« für einen »schnellen Zusammenschluss«.
Ähnlich äußern sich die Autoren des Berliner Papiers: »Die Vereinigung der beiden Organisationen muss so zügig und transparent geschehen wie möglich, auch unter Inkaufnahme nicht ausdiskutierter Differenzen.« Alles, was über eine »Einigung auf wenige zentrale programmatische Grundaussagen und die generelle strategische Orientierung« hinausgehe, könne auch später »in der gemeinsamen Partei« erfolgen.“
Bei diesem Verfahren, das auch von vielen dem Vereinigungsprozess positiv gegenüberstehenden Menschen geteilt wird, würden etliche ungeklärte politische Probleme dabei unter den Teppich gekehrt und die Vereinigung würde selbst zu einer Operation der Führungen degenerieren und große Teile der Mitgliedschaft nicht mitnehmen.
Die Autoren des Berliner Papiers und das ND ignorieren dieses Argument, ja sie halten denen, die eine »grundsätzliche und umfassende« Klärung aller Fragen »als Voraussetzung für die Vereinigung“ fordern, vor, damit „ diese auf einen fernen und ungewissen Zeitpunkt (zu) vertagen«.
Dennoch: Das Votum des Parteitages und einer Urabstimmung haben Bestand. „Bei der Wahlalternative setzt man dagegen auf einen ausführlichen Verständigungsprozess im Vorfeld. »Wir befürworten keinen Zusammenschluss im Schnellverfahren«, lautet die Marschrichtung des WASG-Vorstandes. Eine entsprechende Konzeption, die am 9. Oktober dem Länderrat der Wahlalternative zur Abstimmung gestellt werden soll, sieht vor, nach einer umfassenden Diskussion an der Basis und mehreren Konferenz-Reihen frühestens »in der zweiten Jahreshälfte 2006 Beschlüsse zur Einberufung eines Gründungsausschusses« zu verabschieden.