APK — Antiprivatisierungskampagne von WASG und Linkspartei
Am 15. Juli 06 hat sich erstmals die AG Antiprivatisierung in Kassel getroffen. Auf der Sitzung des Bundesvorstandes der WASG vom 28./29. Juli 06 wurde das Thema ausführlich erörtert.
Zum Zwischenbericht der AG vom 1.11.06
Ausgangspunkte:
Die Privatisierung kommt, wie Harald Werner betont, in eine neue Phase. Hauptantriebskräfte der Privatisierung sind einerseits die politisch verarmten öffentlichen Kassen und andererseits die Dienstleistungspolitik der EU. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie, die vermutlich im September 2006 verabschiedet werden wird, setzt vor allem auf Wettbewerb, private Anbieter von Dienstleistungen und auf Public Private Partnership ("PPP"). Der Not-for-Profit-Sektor kommt in der Dienstleistungsrichtlinie nicht vor. Die EU-Kommission zielt darauf, die Aktivitäten der öffentlichen Hand auf Steuerungs- und Regelungsfunktionen zurückzufahren (vgl. Mitteilung der EU-Kommission zu sozialen Dienstleistungen vom 26. 04. 2006).
Auch wenn die Privatisierungspolitik gegenwärtig durch die EU in eine neue Phase kommt, wird sie schon seit Jahren sowohl auf Bundes- und Landesebene wie auf der kommunalen Ebene in einer Vielzahl von Projekten praktiziert. Sie erfolgen an unterschiedlichen Orten teils zeitgleich, teils zeitversetzt.
Mögliche Vorgehensweisen:
Auf diesem Hintergrund erscheint es schwierig, einfach eine Kampagne auf Bundesebene durchzuführen, denn die einen interessieren sich nicht mehr dafür, weil Privatisierungen hinter ihnen liegen, andere interessieren sich noch nicht dafür, weil es gegenwärtig keine akuten Privatisierungsprojekte vor Ort gibt.
Eine Kampagne reicht also nicht. Darin ist sich der WASG-BuVo einig.
Sinnvoll erscheint vor allem, zunächst Informationen über konkrete Privatisierungsprojekte in Deutschland zusammenzustellen. Dazu gehören z.B. Informationen darüber, was privatisiert werden soll, ob es Widerstand gegen Privatisierungsprojekte gibt, ob und in wie weit WASG und / oder Linkspartei vor Ort in Antiprivatisierungsinitiativen eingebunden sind und wer die Träger der Initiativen sind.
Es scheint sinnvoll zu sein, auf Basis dieser Informationen mit einer Vernetzung der örtlichen Initiativen zu beginnen, z.B. in Form von Konferenzen und Workshops, die – unter Umständen themenbezogen – Erfahrungsaustausche, Informationsaustausche und strategische Planungen für die weiteren Aktivitäten ermöglichen.
Auch können konkrete Unterstützungen für Initiativen vor Ort angeboten werden, z.B. Schulungen vor Ort über Privatisierungsstrategien von Kommunen, über Alternativen, über rechtliche und politische Interventionsmöglichkeiten, Kampagnentrainings, etc. Die Schulungen können speziell für kommunale MandatsträgerInnen aus WASG, Linkspartei und ihnen nahe stehenden Listen angeboten werden, aber auch für Bürgerinnen und Bürger, die sich vor Ort gegen Privatisierungen wehren. Des weiteren sollten Schulungen für Multiplikatoren entwickelt und angeboten werden.
Parallel dazu soll ein Informationspool in Form einer Webseite aufgebaut werden. Dort können Informationen, Argumentationshilfen und Materialien zum Thema hinterlegt werden, u.a. eine Begriffskartei zum Thema.
Der Begriff Privatisierung ist nicht eindeutig (gehören dazu auch Überführungen in Genossenschaften und in gemeinnützige Einrichtungen?). Auch Alternativen sind nicht ganz eindeutig (muss alles in staatlicher Hand bleiben, oder bieten nicht auch Genossenschaften und gemeinnützige Organisationen unter bestimmten Bedingungen sinnvolle Alternativen dazu?). Welche Art von Politik ist nötig (siehe z.B. Maastricht/NL)? Die Definition dessen, was öffentliche Güter und Dienste sind, ist unklar. Dringend nötig ist also eine theoretische Aufarbeitung des Themas mit seinen Facetten.
Auf diesem Hintergrund könnte dann eine bundesweite Antiprivatisierungskampagne (APK) als Dachkampagne sinnvoll sein. Ihr strategisches Ziel wäre es, als WASG und Linkspartei das Thema eindeutig öffentlich zu besetzen. Botschaft: Die Linke ist die Antiprivatisierungspartei (wahrscheinlich wäre es besser, einen positiven Begriff zu finden).
Als Inhalte sollten drei klare Argumente gegen Privatisierungen bundesweit transportiert werden und ein bis drei klare Alternativen (die aber wohl noch herauszuarbeiten sind).
Schlussbemerkung:
Aktuelle und überregional bedeutende Privatisierungsprojekte sind: LEG NRW, Berliner Sparkasse, Wohnungsprivatisierungen an unterschiedlichen Orten, ÖPNV-Privatisierung in Pforzheim (mit Pilotfunktion).
Eine wichtige Erfahrung haben wir in NRW im Kontext der Abwehr der LEG-Privatisierung gemacht: Der Hauptwiderstand kommt von den Mietern der LEG-Wohnungen und von den bei der LEG Beschäftigten. Sie suchen Unterstützung auch im politischen Raum. Aber sie wollen – m.E. völlig zurecht – nicht von Parteien und anderen Gruppen dominiert und instrumentalisiert werden. Auf entsprechende Versuche reagieren sie sehr sensibel. Klare Absprachen und Regeln, wie ein Engagement aussehen und wie weit es gehen kann und soll, sind daher unabdingbar. Die getroffenen Absprachen und Regeln müssen dann natürlich auch von allen Seiten eingehalten werden.
Herne, den 07. 08. 2006
Jürgen Klute