Rappelvolle Bude
Die Linksfraktion beim Parteienabend auf dem DGB-Kongress
BERLIN, 25. Mai - "Das war eine gelungene Mischung aus Information, Agitation und Unterhaltung", so der gewerkschaftspolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE., Werner Dreibus, zum Vortrag von Fraktionschef Gregor Gysi auf dem Parteiabend, der traditionell zur Halbzeit eines Gewerkschaftskongresses von allen im Bundestag vertretenen Parteien veranstaltet wird. Lediglich die FDP durfte diesmal wegen ihrer Gewerkschaftsfeindlichkeit nicht dabei sein.
Gysi streifte fast alle Politikbereiche und sprach sich unter anderem für ein gerechteres Steuersystem aus. "Es kann nicht sein, dass der Bäckermeister alles bezahlt und die Deutsche Bank gar nichts." Hätte Deutschland die französische Steuerquote, würden vier Prozent mehr - das sind 200 Milliarden Euro - ins Staatssäckel fließen. "Keine einzige Sozialleistung müsste dann gekürzt werden." Auch Privatisierungen erteilte der Politiker eine Absage. Werden kommunale Versorgungseinrichtungen privatisiert, hätten die Kommunalpolitiker irgendwann nichts mehr, wo sie mitreden könnten.
Den Gewerkschaften gab Gysi den Rat, sie sollten sich stärker internationalisieren und vor allem europäischer ausrichten. "Es kann nicht sein, dass sich die Konzerne immer mehr internationalisieren und die Gewerkschaften hinterherlaufen", so Gysi in seiner umjubelten Rede. Mittelfristig sollten sich die Gewerkschaften auf eine europäische Tarifpolitik verständigen. Auch das sei ein geeignetes Mittel, um Lohndumping zwischen den Staaten zu unterbinden.
Zeitweilig lauschten über 300 Delegierte und Gäste Gysis Rede, der auch für den Parteibildungsprozess warb. Fast alle Vorsitzenden der DGB-Gewerkschaften schauten vorbei. Auch das war ein Novum auf einem DGB-Kongress. DGB-Chef Michael Sommer sagte, auch wenn er wegen seiner Besuche bei den Linken Ärger bekomme, werde er das "immer wieder tun, das bin ich der Einheitsgewerkschaft schuldig". Dass es die DGB-Oberen mit der Einheitsgewerkschaft ernst meinen, zeigte sich auch in den Besuchen der Vorstandsmitglieder Ingrid Serbrock, die CDU-Mitglied ist, und dem Grünen-Parteimitglied Annelie Buntenbach, die neu in den DGB-Vorstand gewählt wurde.
Weiter sagte Sommer, er habe jedem Parteienabend einen Besuch abgestattet, und überall habe er gehört, dass es "unanständig ist, den Beziehern von ALG II und Sozialhilfe die Leistungen zu kürzen". Daraus müssten nun auch Taten folgen. Das bürokratische Wortmonster "Bedarfsgemeinschaft" bezeichnete der oberste deutsche Gewerkschafter als eine "Sauerei".
Alles in allem war der Abend eine gelungene Veranstaltung. Bis weit nach Mitternacht suchten die Delegierten das Gespräch mit den anwesenden Politikerinnen und Politikern. Wohl keine andere Partei war mit so vielen Bundestagsabgeordneten vertreten wie DIE LINKE. Neben Werner Dreibus, der Kongressdelegierter ist, und Gregor Gysi waren Petra Pau, Bodo Ramelow, Inge Höger, Axel Troost und Nele Hirsch anwesend. (fre)