Die Antwort auf Niedrig- und Armutslöhne - branchenübergreifender gesetzlicher Mindestlohn
Wegweiser gewünscht?
Zum ziemlichen weiten Feld der Mindestlohn-Debatte hat das Institut für Arbeits- und Berufsforschung (IAB) eine umfangreiche Sammlung mit Literaturhinweisen, Forschungsprojekten, Forschungsinstitutionen und weiterführende Links zusammengestellt:
http://www.iab.de/asp/info/dokSelect.asp?pkyDokSelect=5&show=Lit
Niedriglöhne in Deutschland - Die Situation
In Deutschland existiert ein großer Niedriglohnsektor. Mit den neuen Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz) ist eine Expansion der Niedriglöhne ermöglicht worden. Faktisch sind mit der Zumutbarkeit jeder nicht-sittenwidriger Arbeit alle Schranken gefallen; dazu kommen bekanntlich die 1-Euro- und Mini-Jobs, die Ich AGs und die Ausweitung von Leiharbeit - alle Instrumente zur Lohndrückerei. Die Betroffenen sind die Haushaltshilfe aus NRW mit 5,65 € in der Stunde, der Page im saarländischen Hotel- und Gaststättengewerbe mit 5,95 €, die Floristin aus Schleswig-Holstein mit 7,66 € und der Konditor aus Hamburg mit 7,87 € – sofern sie nach Tarif bezahlt werden. Aber selbst dort, wo die Tarife noch deutlich darunter liegen – beim Hoteldiener aus Mecklenburg-Vorpommern mit 5,12 €, der Friseurmeisterin aus Sachsen mit 5,59 € oder dem Gebäudereiniger aus Sachsen-Anhalt mit 5,79 € – ist das meist nicht mehr der Fall. In Westdeutschland sind heute in etwa 6 –7 Millionen Beschäftigte davon betroffen.
Zu den Verlierern zählen auch die Gewerkschaften. Sie spüren den Druck, der von der Lohnkonkurrenz ausgeht, wenn ihre Konzessionsbereitschaft beim Outsourcing von Kantinenpersonal und anderen Dienstleistungen in Industriebetrieben oder bei der Privatisierung von Bauhöfen oder Busbetrieben ein ums andere Jahr neu ausgetestet wird. Die Stärke der Gewerkschaft leitet sich aus der Fähigkeit ab, die Konkurrenz zwischen den abhängig Beschäftigten zu begrenzen. Diese Fähigkeit hängt nicht zuletzt davon ab, Dumping und Wucher zu verhindern. Diese Herausforderung hat gerade erst begonnen.
Innerhalb der deutschen Gewerkschaften ist Konsens, dass es einer zielgerichteten Mindestlohnpolitik bedarf. Wie kontrovers man auch immer die Wirksamkeit der Instrumente beurteilt – gesetzlicher Mindestlohn oder Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen –, wir brauchen einen Kurswechsel. Für die Geschichte der Lohnarbeit die ist die Existenz eines gesetzlichen Mindestlohns von entscheidender Bedeutung, da sie Minimalbedingungen für den Zugang zur Arbeitnehmerlage definieren und ihnen gesetzlichen Status verleihen. Ein gesetzlicher Mindestlohns muss armutsresistent sein – darf also unter der Hand nicht Armutslöhne sanktionieren. Deshalb ist die Höhe entscheidend.