"Für 'nen Appel und 'n Ei"-Aktion bei der DGB-Betriebsrätekonferenz am 20.9.2006
Von Günter Frech
"Den Apfel nehme ich gerne – Vitamine sind immer gut! Und wer weiß, wofür das Ei heute noch gut ist." Breit grinsend entschwindet der Betriebsrat ins Berliner Congress-Centrum. Der DGB hatte zur Mobilisierungskonferenz geladen. Draußen stehen Aktivistinnen und Aktivisten von WASG und Linkspartei, eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter der Bundestagsfraktion und verteilen Äpfel, hart gekochte Bioeier und ein Flugblatt.
Mit dieser "Für 'nen Appel und 'n Ei"-Aktion machten wir im Rahmen unserer Mindestlohnkampagne auf unsere Forderung nach Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes aufmerksam. Die Reaktion der Betriebsräte war durchweg positiv. Zwar gehen einige gruß- und wortlos an uns vorbei. Doch mit vielen ergeben sich kürzere und längere Gespräche. "Ihr tut immerhin etwas", so aufmunternd der Tarifsekretär einer größeren Gewerkschaft. Dass etwas getan werden muss, scheint dringend notwendig zu sein. Tags zuvor erblickte ein Positionspapier des SPD-Gewerkschaftsrates das Licht der Welt.
So kritisierte der gewerkschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Werner Dreibus, das Konzept sei in seiner Wirkung hochgradig uneindeutig. Während ursprünglich von einem "Zwei-Stufen-Plan" die Rede war, spreche die Sozialdemokratie jetzt von einem "Mehrstufenkonzept" und von "drei Schritten": Zunächst sollten sich die Tarifpartner auf einen Mindestlohn einigen; wenn das nicht gelinge, müsse über die Einbeziehung weiterer Branchen in das Entsende-Gesetz entschieden werden. Nur wenn diese zwei Schritte nicht greifen, solle ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden.
"Das neue Drei-Stufen-Konzept der SPD kann zu einer Verschiebung auf den Sankt-Nimmerleinstag führen - auch eine langfristige Beerdigung des Mindestlohns ist nicht auszuschließen", befürchtet Dreibus. Die lange Laufzeit von Tarifverträgen, das Fehlen bundeseinheitlicher Tarifverträge in etlichen Branchen und die starke Zersplitterung der Tariflandschaft lasse äußerst langwierige Einigungsprozesse der Tarifpartner erwarten. Daran schließen sich dann die Verhandlungen mit einem Koalitionspartner an, der Mindestlöhne strikt ablehnt.
Da es laut Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Bundestag eine "rechnerische Mehrheit" für den Mindestlohn gebe, darf die Republik gespannt sein, wie sich die Abgeordneten von SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und die Vertreterinnen und Vertrtreter der CDU/CSU-Sozialausschüsse am 20. Oktober verhalten, wenn der Antrag "Für einen sozial gerechten Mindestlohn in Deutschland" der Linksfraktion in erster Lesung zur Debatte steht. Bis dahin sind die Aktivistinnen und Aktivisten unserer Mindestlohnkampagne aufgerufen, ihren örtlichen Bundestagsabgeordneten den Weg auf den Pfad der Tugend zu zeigen.