Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit
Eine andere Politik ist möglich!

Eine unstrittige Bilanz?

Eine Antwort von Joachim Bischoff und Björn Radke

Bundesvorstandsmitglied Thies Gleiss legt gegen unsere Argumentation Widerspruch ein. Unsere zentrale These lautet: die Regierungsbeteiligungen der Linkspartei. PDS bestehen seit längerem. Die Ergebnisse dieser Regierungspraxis sind differenziert zu bewerten; gleichwohl gibt es innerhalb der Linkspartei als auch der Wahlalternative WASG etliche AktivistInnen, die diese Koalitionen mit der Sozialdemokratie ablehnen.

· Im Zentrum des politischen Streits stehen die Haltung der Linkspartei zu Tarifverträgen –Arbeitszeit, Entlohnung; Abbau öffentlicher Beschäftigung, Privatisierung von öffentlichen Betrieben und Wohnungsgesellschaften; schließlich die Sanierung eines wegen unseriöser Immobiliengeschäfte  in die Schieflage geratenen Bankinstituts.

· Gleichwohl hat eine Mehrheit der Mitglieder der WASG die gemeinsame Kandidatur mit dieser Partei befürwortet und dem Bundesvorstand der WASG den Auftrag erteilt, die Entscheidung über die Bildung einer übergreifenden Partei aller linken Strömungen zu organisieren.

· Kritiker – eben auch Thies Gleiss – behaupten jetzt, die Regierungsbeteiligung sei nicht  nur ein gravierender strittiger Streitpunkt, sondern ein Hindernis für ein Zusammengehen im Parteibildungsprozess einer neuen Linken.

Thies Gleiss stellt  - mehr noch - Thesen über einen Gründungskonsens der Wahlalternative auf, der zu respektieren sei. Diese Argumentation geht im Original so:

· „In diesem Zusammenhang sind zwei Dinge völlig unstrittig und in hunderten von Diskussionsbeiträgen, Entschließungen und Bilanzpapieren der jeweils Betroffenen – also nicht nur von der „Gegenseite“ in der Debatte behauptet – dokumentiert. Erstens haben die Regierungsbeteiligung der damals noch PDS, die politische Gesamtausrichtung der Partei auf diese Art der „Realpolitik“ und das Hinausdrängen von KritikerInnen dieses Kurses aus der Partei maßgeblich zur tiefsten Parteikrise der PDS seit ihrer Gründung und zum sehr schlechten Abschneiden bei den Bundestagswahlen 2002 geführt. Die Wahlergebnisse und die Mitgliederzahlen gingen rapide zurück und die Partei wurde mit von der allgemeinen Politikverdrossenheit der Menschen angesichts der neoliberalen Einheitspolitik aller großen Parteien erfasst Zweitens war diese lebendige Erfahrung der PDS einer der Gründe, warum Tausende von Linken, insbesondere in Westdeutschland, keine glaubwürdige Grundlage dafür sahen, in der PDS mitzuarbeiten, sondern sich nach einer neuen, die Fehler der PDS nicht wiederholenden Partei sehnten.

Unter diesen politisch Aktiven gab es vor allem einen großen Teil gewerkschaftlicher Linken, die schon lange auf eine politische Kraft hofften, die sie in ihren betrieblichen aber auch gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen unterstützte. Sie erlebten, und erleben ja auch noch heute, täglich die furchtbare Politik der SPD und der gewerkschaftlichen Elite, die sich ihr unterordnete und sie erlebten und erleben ebenso das Desaster einer gewerkschaftlichen und betrieblichen Politik, die auf Verbetrieblichung und Co-Management, auf Durchlöcherung der kollektiven Verteidigung der Beschäftigteninteressen durch Flächentarifverträge, Arbeitszeitregelungen, und Sozialgesetze sowie auf stetes Zurückweichen setzt. Stattdessen wünschten sie eine gewerkschaftliche Strategie, die auf eine mehr Konflikt orientierte Politik setzt und eine politische Kraft, die sie genau darin durch Gesetzesinitiativen und politische Aufklärung unterstützt. Gerade in diesen Kreisen erntete die Regierungsbeteiligung der PDS in Landesregierungen nur Kopfschütteln, Ärger und Verbitterung.

Die Gründung der WASG war demzufolge fast eine Reaktion auf die als völlig falsch bewertete Politik der PDS. Die Ablehnung der Regierungsbeteiligung in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern gehört geradezu zum Gründungsselbstverständnis der WASG. Das ist auch heute noch so. Eine breite Mehrheit der WASG lehnt diese konkreten Regierungsbeteiligungen ab. Da muss nicht mehr viel bilanziert und erörtert werden, sondern die Gründung der WASG ist die Verkörperung der Kritik an der PDS-Regierungspolitik.“


Nicht den Gründungskonsens neu erfinden!

Diese eigenwilligen Sichtweise wollen wir in der Tat nicht folgen. Wir haben nachgeschaut und in keinem der Gründungsdokumente der WASG, noch in den beiden Vorläufer-Initiativen, auch nur ansatzweise eine Passage gefunden, wonach die Gründung der WASG „fast eine Reaktion auf die als völlig falsch bewertete Politik der PDS“ war. 

In unvermeidlicher Kürze sollen die Dissenspunkte markiert werden:

1. Die PDS hat sich aus vielerlei Gründen in den westlichen Bundesländern nicht  gleichermaßen als breit sozial verankerte Partei behaupten können. Die Regierungsbeteiligung zusammen mit der Sozialdemokratie in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin hatte viel mit der spezifischen Interessenvertretung Ostdeutscher BürgerInnen zu tun, die sich nach der Vereinigung als Bürger zweiter Klasse behandelt sahen.  

2. Die Krise der PDS, die in dem Bundestagswahlergebnis von 2002 und den nachfolgenden innerparteilichen Auseinandersetzungen zum Ausdruck kam,  hat gleichfalls nichts mit der Regierungsbeteiligung und einem >Hinausdrängen< der Kritiker zu tun. Unter der Vorsitzenden Gabi Zimmer hat eine Allianz linker Strömungen in der PDS die Mehrheit gestellt, die nicht durch überzeugende politisch-strategische Optionen eine Erneuerung der PDS zustande brachten.

3. Die Gründung der WASG hatte viel damit zu tun, dass die Sozialdemokratische Partei offenkundig auf eine neoliberale Gesellschaftspolitik überwechselte (Agenda 2010). Diese kapitalorientierte  Politik der Deregulierung, Privatisierung, des Sozialstaatsabbaus und der Beschädigung von sozialen Rechten der Lohnabhängigen brachte viele oppositionellen Initiativen hervor und schlug mit der WASG in einer Tendenz zur Veränderung des bundesdeutschen Parteiensystems nieder.

4. In der PDS wie in Gewerkschaften und anderen gesellschaftlichen Institutionen sind die Rückwirkungen der neoliberalen Ideologie auch nachweisbar. Wenn in der PDS eine Minderheit für den europäischen Verfassungsentwurf eintrat, der von einer deutlichen Mehrheit in den Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden verworfen wurde, dann ist dies nur ein wichtiges Beispiel. Insofern gilt: wer für einen grundlegenden Politikwechsel eintritt, für eine politische Alternative zu Deregulierung, Privatisierung und letztlich einer Eigentümer-Gesellschaft, der muss in kontroversen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um die Ablösung der neoliberalen Hegemonie ringen.

Die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit setzt sich für eine breites gesellschaftliches Bündnis ein, das eine Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik im Interesse der Lohnabhängigen und der sozial Ausgegrenzten verwirklichen will.  Wir wollen die politischen Kräfteverhältnisse grundlegend verändern. Die Bildung einer pluralistischen Linkspartei ist ein wichtiger Schritt zur Veränderung der gesellschaftlichen Mehrheitsmeinung und Kräfteverhältnisse. Wir haben in den  Bundestagswahl für über vier Millionen WählerInnen diese Alternative deutlich gemacht. Gleichwohl ist die Wahlbeteiligung weiter zurückgegangen.

Wir wissen, dass wir weiter über die neoliberale Politik in all ihren Versionen aufklären müssen, um eine Bündelung der gesellschaftlichen Opposition voranzubringen. Offenkundig sind Teile der Wahlalternative und der Linkspartei eher daran interessiert, die bisherige Politik der Linken fortzuführen. Wir sollten daher in der anstehenden großen Auseinandersetzung darauf dringen, dass in dem innerparteilichen Streit die Zielvorstellung offen ausgesprochen werden.

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