Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit
Eine andere Politik ist möglich!

Zur Debatte um die Regierungsbeteiligung

Murat Cakir

Jetzt wird die Sache richtig spannend. Joachim Bischoff und Björn Radke haben mit ihrem Beitrag – den ich übrigens in seiner Gesamtheit mitunterschreiben kann – den Finger in die Wunde gelegt. Thies Gleiss Replik darauf belegt, dass es überfällig geworden ist, dieses Thema ausführlich zu diskutieren. Denn dabei geht es um nichts geringeres als um den ei-gentlichen politischen Konflikt innerhalb der WASG. Es geht um grundlegend unterschiedliche Politikverständnisse, die im Endergebnis die Richtung des Parteibildungsprozesses sowie die politische Ausrichtung der neuen Partei wesentlich bestimmen werden. Mit dieser Antwort auf die Replik von Thies Gleiss will auch ich meine Position darlegen.


Streitfrage Berlin ist nur ein Nebenkriegsschauplatz

Aus der – durchaus in vielen Bereichen berechtigten – Kritik an der Regierungsarbeit der Linkspartei.PDS leiten KritikerInnen, so auch Thies, eine generelle Ablehnung jedweder Be-teiligung linker Parteien an Regierungen bzw. Gestaltungsverantwortung ab. Anstatt sich mit den Regierungsbeteiligungen in Berlin und Mecklenburg – Vorpommern differenziert ausein-ander zu setzen und die Konsequenzen der geforderten Beendigung der Regierungsbeteili-gung gründlich zu analysieren, wird mit der Argumentation «in einer Regierungsbeteiligung kann nur neoliberal gehandelt werden» hantiert.

Unstrittig ist, dass der rot – rote Senat in Berlin gravierende Fehlentscheidungen getroffen und für die Betroffenen unzureichende Ergebnisse erzielt hat. Ist das jedoch ein ausreichen-des Argument für die generelle Ablehnung von linken Regierungsbeteiligungen? Und sollte die Beendigung der aktuellen Regierungsbeteiligungen zur politischen Bedingung für das Gelingen des Parteibildungsprozesses gemacht werden? Mitnichten! Es wäre auch eine viel zu einfache Antwort auf eine komplexe politische Frage.

Einfach macht es Thies sich mit den Behauptungen «die Regierungsbeteiligung der damals PDS, die politische Gesamtausrichtung der Partei auf diese Art der „Realpolitik“ und das Hinausdrängen von KritikerInnen dieses Kurses aus der Partei maßgeblich zur tiefsten Parteikri-se der PDS seit ihrer Gründung und zum sehr schlechten Abschneiden bei den Bundestags-wahlen 2002 geführt (haben)». Diese Sichtweise verdeckt die vielfältigen Ursachen wie die allgemeine politische und gesellschaftliche Konstellation in der damaligen BRD, die Bedingungen und Voraussetzungen unter denen eine Landesregierung zu handeln hat und kon-zentriert sich nur auf Teilaspekte. Nicht die Regierungsbeteiligung der PDS hat «maßgeblich» zum schlechten Abschneiden bei den Bundestagswahlen 2002 geführt, sondern die Tatsache, dass die „Ostpartei PDS“ nie im Westen angekommen war und Millionen WählerInnen – auch ein großer Teil der gewerkschaftlichen Linken im Westen – sich für das „kleinere Übel“ Rot-Grün entschieden haben. Dass die Parteiführung der damaligen PDS zum Wahlergebnis auch einiges mitbeigetragen hat, ist unstrittig. Trotzdem sollten wir die Ursachen in Gänze be-trachten – Halbwahrheiten helfen uns dabei wenig.

Erinnern möchte ich auf die Analyse aus der Erklärung „Für eine wahlpolitische Alternative 2006“ vom 5. Februar 2004: «(...) Aufgrund ihrer Geschichte und sozialen Zusammenset-zung, ihren dominanten Charakter als Partei Ostdeutschlands sowohl in der Wahrnehmung der Bevölkerung als auch in der eigenen politischen Ausrichtung, Führung, gesellschaftlichen Verankerung und politischer Prägung, ihrer geringen Verankerung in den oppositionellen Bewegungen, den Gewerkschaften und kritischen und demokratischen Organisationen und Millieus Westdeutschland ist die PDS nicht in der Lage, den überwiegenden Teil des Potenti-als für eine wahlpolitische Alternative auszuschöpfen. Für einen Großteil des Potentials sozi-aldemokratischer, grüner oder sonst wie linker WählerInnen und sozial enttäuschter Nicht-wählerInnen kommt sie schlicht nicht in Frage.» Diese Feststellung zeigt die eigentlichen Ursachen des Scheiterns in 2002.

Insofern ist die Gründung der WASG nicht eine Reaktion, die aus der Ablehnung der Regie-rungsbeteiligung der PDS erfolgte, sondern die logische Konsequenz aus der Feststellung, dass das Vorhandensein der damaligen PDS nicht ausreichend war und eine – auch in West-deutschland verankerte – wählbare politische Alternative fehlte. Die Gründung der WASG war eine politische Antwort auf den Frontenwechsel der Sozialdemokratie. Es war ein richtiger Schritt, für den die Widerstände gegen Hartz IV wie ein Katalysator wirkten. Die schnelle Entwicklung und das Ergebnis der NRW – Wahlen führten jedoch dazu, dass die Differenzen im Politikverständnis und die grundlegenden Unterschiede kaum diskutiert, geschweige denn überwunden werden konnten. Dass die Debatte jetzt mit aller Härte beginnt ist zwar – in der geführten Form wie in Berlin – problematisch, aber dennoch mehr als nötig.

Wir sind gehalten, diese Debatte in all seinen Konsequenzen – und zwar auch auf die Gefahr hin, dass einige Teile der WASG den Weg des Parteibildungsprozesses nicht mitgehen wer-den – zu führen. Dabei sollten wir m.E. die Streitfrage Berlin nicht zum Zentrum dieser De-batte hochstilisieren, denn es ist schlicht und einfach nur ein Nebenkriegsschauplatz.


Worum geht es dann?

Bei dieser Debatte sollten wir uns bemühen, die Positionen ehrlich zu benennen, anstatt wie die Politsekte SAV - die im opportunistischen Eifer nicht davor zurückscheut, mit Kräften wie dem „Leverkusener Kreis“ bzw. „Berneburger Kreis“, die gegen „Links“ politisch – ideologische Vorbehalte haben, eine Koalition gegen das gemeinsame Projekt einzugehen – die ei-gentlichen Absichten hinter Nebenkriegsschauplätzen zu verbergen.

Den kompletten Artikel als PDF finden Sie weiter unten

 

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Autor Murat Cakir: Die politische Linke darf sich aus Angst vor Risiken nicht mehr Abschotten und sich nicht vor Verantwortung drücken.

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