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Abfindung heißt: sich abfinden

Nach dem Ende des Streiks bei der AEG

Abendaktionen bei der AEG

Abendaktionen bei der AEG

Der Streik bei AEG ist ähnlich wie bei Infineon durch einen „Sozialtarifvertrag“ beendet worden. In der Konsequenz werden in Nürnberg im nächsten Jahr 1700 Arbeits- und Ausbildungsplätze und in der „Peripherie“ weitere 8000 Arbeitsplätze verschwinden. Während den abhängig Beschäftigten der AEG Abfindungen, die schmale Brücke einer Qualifikationsgesellschaft und Übergangsregelungen zur Vermeidung von AlgII ab einem bestimmten Alter zustehen, geht der Rest leer aus. Entscheidend aber ist die Frage, ob das Streikziel wirklich in Abfindungen münden musste, wie SPD – nahe Gewerkschafter in der IG Metall nicht müde werden zu behaupten.

An rhetorischer Radikalität hat es nicht gemangelt. Der IG-Metall-Vize Berthold Huber hatte in der ersten Welle der Empörung von Produktstreik gesprochen und im Abgesang verkündet, das Projekt des Arbeitsplatzerhaltes sei „an der Rigorosität der Arbeitgeberseite“ gescheitert. Wie hätte man sie gerne, die Konzernchefs weltweit agierender Unternehmen? Es gebe außerdem keine gesetzliche Möglichkeit, für den Erhalt der Arbeitsplätze zu streiken. Streikziele brauchen also ein „gesetzliche Grundlage“. Wäre es danach gegangen, hätte die Arbeiterbewegung vom 19. Jahrhundert bis heute darauf gewartet, für ihre Forderungen eine „gesetzliche Grundlage“ verordnet zu bekommen. Der Abgesang an emanzipatorischer Gewerkschaftspolitik könnte nicht deutlicher formuliert werden.

Merke: Es geht nicht um eine sinnlose Radikalisierung in einer aussichtslosen Situation. Es geht nur um die Frage, ob das Recht auf Arbeit hinter dem Recht auf noch höhere Profite zurückstehen muss, obwohl die Produktion der AEG Nürnberg kein Verlustgeschäft war. Elektrolux hat überdies den Entwicklungspfad des alten, erfolgreichen Managements verlassen, mit innovativen, umweltfreundlichen Produkten einen begründeten, auf Qualität basierenden Marktanteil auszuweiten. Schon in diesem Stadium stellt sich die Frage, warum die Vertreter der IG Metall im Aufsichtsrat nicht die Alarmglocke schrillen ließen. Jeder weiß, mit mittelmäßigen Produkten lässt sich in Deutschland auf Dauer keine Produktion halten. Der Exportschlager Maschinenbau ist dafür das beste Beispiel.

Möglicherweise gibt es ganz andere Gründe, die das Streikende beeinflusst hatten. Während die Belegschaft Oskar Lafontaine und Klaus Ernst zujubelte, als beide die Gretchenfrage nach dem Arbeitplatzerhalt stellten, scheint man im Hintergrund die Fäden gezogen zu haben. Huber (der bayrische Minister) hatte seine Analyse nach einem Besuch in Schweden parat. Das Werk ist nicht mehr zu halten. Mit der gleichen Überzeugung rückte Franz Müntefering an, nachdem er zwei Tage vorher die Rente mit 67 ausgerufen hatte. Dass ihm, anders als unlängst bei den Bauarbeitern, kein Pfeifkonzert empfing, hatte mit guter Vorbereitung der Streikleitung zu tun. Müntefering konnte nicht daran gelegen sein, die schwarz-rote Koalition mit einer Frage nach der Sozialverpflichtung des Eigentums zu belasten. Zudem war durchgesickert, die Linke wolle die Problematik im Bundestag zur Sprache bringen und Streikende der AEG einladen. Längst fädelte Wiesheu, der vor Stoiber geflüchtete ehemalige Wirtschaftminister in der Austragsstube der Bahn, den Plan zur sozialen Befriedung ein.

Um nicht missverstanden zu werden: Der Abschluss übersteigt alle vergleichbaren Vereinbarungen, was die unmittelbar Betroffenen angeht. Das ist das Ergebnis des Drucks der Belegschaft. Die vom örtlichen Streikleiter der IG Metall, von der Landes- und Bundesebene verkündete Schlussfolgerung, der Rest sei durch die Politik zu erledigen, verkennt die Wirkungsmechanismen der Politik. Ohne Druck entsteht kein Gesetz oder höchstens ein windelweicher juristischer Zeigefinger für böse Buben, die einfach EU-Mittel abschöpfen und „deutsche“ Arbeitsplätze vernichten. Darin sind sich die rechts- und linkpopulistischen Männerfreunde Stoiber und Müntefering offenbar einig. Dieses Spiel ist der Einheitsgewerkschaft IG Metall nicht würdig. Letztlich heißt jede Abfindung, ob in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung niedergelegt, sich abfinden.

Die Linke, so sie denn aus den abenteuerlichen Streitereien ungeschoren herauskommt, sollte sich schleunigst um die Kernthemen der Gesellschaft kümmern und Kampagnen entwickeln. Es drängt sich der Eindruck auf, dass mit Bienenfleiß an allen denkbaren Papierschlachten des Bundestages teilgenommen wird. Die Themen Arbeit, Aus- und Fortbildung, erweiterte Mitbestimmung und Gewerkschaftsrechte, Unternehmensbesteuerung und qualitative Innovationen müssen in den Mittelpunkt gerückt werden. Um sie gruppieren sich Fragen der Arbeitszeit, des Mindestlohnes und des Kündigungsschutzes. Man zäumt das Pferd nicht am Schwanz auf. Soziale Kämpfe wie bei der AEG können der Resonanzboden sein, der einen Umschlag in politische Qualität möglich macht. Das weiß auch die SPD und drängt darauf, sich mit den Verhältnissen sozialverträglich abzufinden.

Fritz Schmalzbauer

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