Nach dem Bush-Besuch in Europa:
Die Konflikte dieser Welt sind näher gerückt
Als George W. Bush am 23.2.2005 nach Mainz kam, hatte das vor allem einen Hintergrund: Er wollte die Verbündeten in Europa, und dort besonders die, die dem Irakkrieg skeptisch gegenüberstanden, für die weitergehende Unterstützung der Besatzung im Irak gewinnen und sich Rückendeckung für weitere Drohungen gegen den Iran holen.
George W. Bush hat ein Problem, denn die Besatzung ist unbeliebt - im Irak, aber auch zunehmend in der US-Armee. Die Zahl der Opfer unter der irakischen Bevölkerung ist seit Beginn der Invasion auf mittlerweile 100.000 gestiegen. Für die Bevölkerung ist die Besatzung verheerend. Wie Untersuchungen von Hilfsorganisation belegen, sind die Lebensbedingungen in nahezu allen Bereichen noch schlechter als vor der Invasion, d.h. unter dem UN-Embargo. Auch die Wahlen haben an dieser Situation nichts grundsätzlich verändert. Sie haben mit dem überragenden Wahlsieg der Schiiten sogar deutlich gemacht, dass die Mehrheit der Wahlbeteiligten ebenfalls gegen die Besatzung ist. Im Januar dieses Jahres hat das Marine Corps, eine auf Kriegseinsätze spezialisierte Einheit des US-Militärs, zum ersten Mal seine Quote neuer Rekruten nicht erfüllen können. Weniger Reserveoffiziere melden sich zurück, als die Armee im Irak bräuchte.
Alle 26 Staaten der Nato haben beim Treffen mit Bush in Brüssel ihre Bereitschaft erklärt, bei der Etablierung einer Nachkriegsordnung des Iraks mitzutun. So will sogar die französische Regierung der Nato umgerechnet 2,6 Millionen Dollar für deren Fonds zur Ausbildung der irakischen Sicherheitskräfte geben. Auch Schröder sicherte zu, die Ausbildung von Polizeikräften und Militärs aufzustocken.
Die Partei "Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative" lehnt diese Annäherung an eine Regierung, die völkerrechtswidrige Kriege führt, die Genfer Konventionen und Menschenrechte massiv verletzt kategorisch ab und fordert die Bundesregierung auf, die Kriegsgefolgschaft zu verweigern.
Das Streben der EU und der Bundesregierung nach einer größeren eigenständigen Rolle ist dabei keineswegs beruhigend. Eine EU, die in Zukunft ihre wirtschaftlichen Interessen auch mit militärischen Mitteln umsetzt, wird die Konflikte weiter anheizen und verstärken. SPD-Politiker und EU-Kommissar für Industriepolitik Günter Verheugen bringt die Pläne der Regierung auf den Punkt, wenn er sagt: "Die wenigsten Menschen haben auch den Mut auszusprechen, was das Gebot der Stunde ist: Nämlich, dass sich Europa etablieren muss als eine Weltmacht, die einen Gestaltungsanspruch erhebt. Nicht mit militärischen Mitteln: Wir wollen eine Weltmacht anderen Typs sein - aber schon eine, die ihre Interessen und ihren Gestaltungswillen bei der Lösung globaler Probleme notfalls mit robusten Mitteln schützen kann." (Internationale Politik, Januar 2005).
Auch deshalb unterstützt die Partei "Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative" den europäischen Aktionstag gegen Sozialabbau, Rassismus und Krieg am 19.3. in Brüssel. Dort protestieren die Gewerkschaften und sozialen Bewegungen Europas dagegen, dass Sozialabbau, Privatisierung und der Zwang zur weiteren Militarisierung in der EU-Verfassung festgeschrieben werden.
Beim genaueren Blick auf die Entwicklungen zeigt sich, dass die Konflikte dieser Welt nicht ferner, sonder eher näher gerückt sind. Da ändert auch das Treffen von Schröder und Bush in "freundschaftlicher Atmosphäre" nichts dran.
„Not welcome Mr Bush”
12.000 Menschen demonstrierten am 23. Februar 2005 in Mainz unter diesem Motto gegen den Besuch von George W. Bush. Bereits am Vortag hatten in 40 Städten Proteste stattgefunden. An vielen Demonstrationen wie z.B. in Kassel, Frankfurt und Berlin hatten sich die lokalen Gruppen der Partei "Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative" beteiligt.
Die Demonstranten kritisierten vor allem den Kriegskurs der Bush-Regierung. Gerhard Schröder, der George Bush einen herzlichen Empfang bereitet und alte Differenzen über den Irakkrieg in den Hintergrund gestellt hatte, stand ebenso in der Kritik von vielen Demonstranten und Kundgebungsrednern. So griff der parteilose Europaparlamentarier Tobias Pflüger die Bundesregierung für die Unterstützung der Besatzung im Irak und ihre aktive Rolle bei der Militarisierung der EU an. Neben ihm sprachen u.a. die Globalisierungskritikerin Maria Mies, John Catalinotto von der US-amerikanischen Friedensbewegung, und Jürgen Grässlin von der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK).
Für breiten Unmut in der Bevölkerung hatten die scharfen Sicherheitsvorkehrungen und die Verunsicherung der Öffentlichkeit im Vorfeld gesorgt. Die historische Altstadt von Mainz wurde abgeriegelt, Behörden und Schulen geschlossen. Die Sperrung der Verkehrswege führte dazu, dass zehntausende Arbeitnehmer am Mittwoch nicht zur Arbeit kamen und – so bei Opel in Rüsselsheim – gezwungen waren, am Samstag „nachzuarbeiten“. Autos durften in der Mainzer Innenstadt nicht an den Straßenrändern und in Garagen geparkt werden. 1300 Gullideckel wurden zugeschweißt, Briefkästen und Mülleimer abmontiert. Mainz war eine Geisterstadt.
Bereits in den Tagen vor dem Bush-Besuch konnte man im Rhein-Main-Gebiet nicht zum Bäcker gehen, ohne Zeuge einer Diskussion von wütenden Bürgern über den anstehenden Besuch zu werden.
Die Partei "Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative" hat das Bündnis „Not welcome Mr Bush“ sowie eine Zeitungsanzeige der Friedensbewegung in der Frankfurter Rundschau anlässlich des Bush-Besuches unterstützt und sich mit Aktiven an den Demonstrationen und Kundgebungen beteiligt.
Christine Bucholz