Die verlogene Debatte um die sogenannte „Visa-Affäre“
Die von der CDU/CSU-Opposition losgetretene sog. Debatte um die „Visa-Affäre“ gehört zu den demagogischen Spitzenleistungen der gegenwärtigen politischen Landschaft Deutschlands. Verstärkt wird der demagogische Charakter dieser Kampagne nicht zuletzt durch zwei Aspekte: 1. Die Tatsache, daß die Öffentlichkeit praktisch nichts über den realen Hintergrund und die reale Praxis sog. Visaerteilungen durch deutsche Auslandsvertretungen bzw. die Funktion der Visaerteilung im Rahmen des deutschen Ausländerrechts weiß, 2. Die Tatsache, daß gerade wegen der grundsätzlich strategischen Bedeutung der Visapraxis im Rahmen der EU-Migrationspolitik die Haltung der Bundesregierung und des angegriffenen Bundesaußenministers ausgesprochen defensiv ausfällt. Die deutsche bzw. europäische Visapraxis ist eine Mauer gegen den Rest der Welt. Je höher diese Mauer ist, um so sehr kollidieren persönliche, ökonomische, soziale Bedürfnisse mit den juristischen Schranken. Was in solchen Fällen passiert, ist klar: Entweder es kommt zu einer illegalen Einreise (mit extrem hohen Kosten und Risiken für die Migranten) oder aber es kommt zu einem permanenten Korruptionsdruck auf die zuständigen Mitarbeiter der deutschen Auslandsvertretungen. Ohne etwa die Mitarbeiter deutscher Auslandsvertretungen in Schutz nehmen zu wollen, muß man festhalten, daß insbesondere in Staaten der Dritten Welt die Mitarbeiter solcher Auslandsvertretungen einem permanenten Druck in Form von Korruptionsangeboten ausgesetzt sind. Da selbst juristische Kunststücke etwa durch einen Anwalt in Deutschland (wer von den Migranten verfügt schon über solche Kontakte?) angesichts der Eindeutigkeit des deutschen Ausländerrechts zumeist aussichtslos sind und da die Appelle an Menschlichkeit etc. pp. natürlich von den Mitarbeiter abprallen, bleibt nur der Versuch, durch Bestechung zum Erfolg zu kommen. |
Es war und ist die willkürliche Visapraxis, die wiederholt auch deutsche Unternehmen, deutsche Politiker, ja sogar auch CDU-Abgeordnete veranlaßte, beim Auswärtigen Amt vorstellig zu werden, und die dann letztlich auch zu dem sog. Vollmer-Erlaß geführt hat. Dieser Erlaß sollte gewisse Erleichterungen beinhalten und einen Abbau relativ willkürlicher Beschränkungen. Dazu zählte insbesondere die ja bekanntlich auch ziemlich zeitaufwendige Einzelanhörung. Wenn jetzt diese ausgesprochen minimale Veränderung in der Visapraxis als „Einfallstor für Sklavenarbeit, Prostitution und Kriminalität“ denunziert wird, so mag dies vor dem Hintergrund der o. g. Zustände als das erkannt werden, was es ist, nämlich eine vorsätzliche Lüge und Irreführung der Öffentlichkeit. Gleichzeitig aber dürften die o. g. Zustände deutlich machen, weshalb die Reaktion des Bundesaußenministers so defensiv ausfällt: Offensiv könnte der Bundesaußenministers eigentlich nur die Angriffe abwehren, wenn er die bisherige Visapraxis selbst als ungerecht, inhuman, willkürlich (ja sogar bisweilen unternehmerfeindlich!) anprangern würde. Natürlich tut er dieses nicht. Gerade das aber muß in der Öffentlichkeit den Eindruck verstärken, als wäre an der Demagogie der CDU/CSU-Opposition auch nur einiges „dran“. Dr. Rolf Geffken Den gesamten Text finden Sie hier (als PDF). |