Kritik aus Mecklenburg-Vorpommern am Parteibildungsprozess
Der Bundesvorstand ist erstaunt über die Polemik aus dem Landesverband Mecklenburg-Vorpommern. Vor allem die Erklärungen von Dörre und Wiese sind Beleg dafür, dass die Debatte innerhalb der WASG um die Herausbildung einer gemeinsamen, pluralistischen Linkspartei schärfere Züge angenommen hat.
Die These: "Die Bundes-Urabstimmung im Sommer 2005 hat keinen Parteibildungsprozess mit einer anderen Partei oder Organisation beschlossen." Es heißt dann in diesem Zusammenhang weiter: "für wie dämlich werden mündige Bürger in der WASG gehalten?"
Es nicht unser Stil, WASG-Mitglieder als dämlich zu bezeichnen. Wir möchten unsere Sichtweise unterstreichen:
Am 03.07.2005 fand in Kassel ein Wahlparteitag statt. Auf diesem Bundesparteitag wurden ein Leitantrag und ein Wahlmanifest vorgelegt und gebilligt. Im Leitantrag heißt es: "Der Bundesparteitag der WASG begrüßt den Kooperationsprozess mit der Partei des demokratischen Sozialismus, für die vorgezogenen Bundestagswahlen eine Konkurrenzkandidatur der beiden politischen Parteien zu vermeiden und einen Prozess der Neugruppierung der politischen Linken einzuleiten."
Im Wahlmanifest wird gesagt: "Wir haben heute die Chance, gemeinsam eine neue, starke soziale Alternative zur neoliberal bestimmten Einheitspolitik der etablierten Parteien aufzubauen. Deshalb rufen wir zur Wahl der Linkspartei auf und wollen in den kommenden Jahren weiter an diesem gemeinsamen Ziel arbeiten."
Auf diesem Kasseler Parteitag wurde auch die Entscheidung getroffen, dass umgehend eine Urabstimmung unter den Mitgliedern der WASG mit dem Ziel durchzuführen sei, eine Unterstützung für die Kandidatur von WASG-KandidatInnen auf den Listen der Linkspartei mit der Absicht zu erhalten, einen Prozess zur Herausbildung einer neuen politischen Formation der Linken einzuleiten.
Das Ergebnis der Urabstimmung ist bekannt. Eine überwältigende Mehrheit sprach sich dafür aus.
Der erfolgreich geführte Bundestagswahlkampf bewies, dass die Bürger durchaus bereit sind, ihre Stimme einer linken Opposition zu geben. Voraussetzung dafür war nicht zuletzt der Einsatz jedes einzelnen WASG-Mitgliedes für das gemeinsame Ziel. Dem entsprach auch das Grußwort von Karsten Dörre auf dem außerordentlichen Parteitag der mecklenburgischen Linkspartei am 30.07.2005 im Seehotel in Sternberg: "Die Linkspartei und die WASG - unter Führung von Lothar Bisky und Klaus Ernst - versuchen das vermeintlich unmögliche. Das wenig Trennende zurückzustellen und das viele Verbindende an die Spitze des gemeinsamen Handelns zu rücken."
Jetzt, wenige Monate später, wird eine ganz andere Sprache gebraucht, und zwar, dass das Trennende nicht zu überwinden sei.
Welche Gründe gibt es für diesen Sinneswandel? An der allgemeinen Situation hat sich wenig geändert.
Wie sieht die gegenwärtige Situation im WASG-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern und das Verhältnis zur Linkspartei in MV aus? Die Schwierigkeiten sind uns bekannt, wenn auch nicht in allen Einzelheiten. Wobei sich wohl auch hier herauskristallisiert, dass ein wesentliches Problem im Verhältnis zur Linkspartei.PDS zu suchen ist. Offensichtlich ist der Landesvorstand und unter Umständen der gesamte Landesverband in dieser Frage gespalten.
Unserer Ansicht nach zeigt sich die Verschärfung unter anderem in der Diskussion um gemeinsame Listenaufstellungen zu den im nächsten Jahr abzuhaltenden Landtagswahlen. Die Kritiker sagen: "Das jetzige Procedere, nicht gegenseitig bei Wahlen anzutreten, ist eine Farce. Damit geht links endgültig in den Orkus der deutschen Geschichte."
Unstrittig ist, dass die Problematik in Mecklenburg-Vorpommern, ähnlich wie in Berlin, auch in der Regierungsbeteiligung der Linkspartei zu sehen ist. Auch im Bundesvorstand wird diese Situationen aufmerksam registriert.
Zu dieser Verschärfung der Situation zählen wir auch Versuche, mit Hilfe von Landesurabstimmungen die Bundesurabstimmung vom Sommer dieses Jahres zu unterlaufen. Die Schaffung eines starken Linksbündnisses ist ein strategisches Ziel der gesamten Bundespartei, und jeder Versuch, dieses Gesamtziel ad absurdum zu führen, muss zurückgewiesen werden.
Henning Hagen
21. Dezember 2005