Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit
Eine andere Politik ist möglich!

Parteibildungsprozess

Neue Herausforderungen an eine geeinte Linke

Stein des Anstoßes

Partei ergreifen – eintreten für Arbeit und soziale Gerechtigkeit

Programmatische Eckpunkte III – brauchbare Grundlage für die Parteibildung der Linken

In Sorge um den Parteibildungsprozess

Die Bildung der neuen linken Partei - Zwischenbilanz und Ausblick

Anmerkungen zu den Programmatischen Eckpunkten auf dem Weg zu einer neuen Linkspartei in Deutschland (Eckpunktepapier)

Keine tragfähige Programmbasis? Zum „Aufruf aus der PDS zur neuen deutschen Linkspartei“

Neue Linke - neue Partei?

Stellungnahme des VVN zu den „Programmatischen Eckpunkten“

Anmerkungen zum Eckpunktepapier und zum Aufruf zur Gründung einer neuen Linken

Basis und Überbau

Wem gehört die Partei? Moderne Linkspartei, Offene Organisation, Offener Sozialismus

Verantwortung für die Linke übernehmen

Lieber ein klares Profil als Regierungsämter

WASG und „sozialdemokratischer Stallgeruch“

Für eine antikapitalistische Linke

Noch nicht angekommen oder schon das Ziel verfehlt? – Die neue Linke nach dem „Superwahltag“ 26. März 06.

Programmatische Eckpunkte auf dem Weg zu einer neuen Linkspartei in Deutschland

Was für eine neue Linke brauchen wir?

Zum Widerspruch zwischen Parteientwicklung und Linksradikalisierung

Doppelmitgliedschaft von Gysi und Lafontaine ist positives Signal für Parteibildung

Kann die deutsche Linke zusammenkommen?

Gehört die deutsche Linke zusammen?

Polemik aus Mecklenburg-Vorpommern

Zur Strategie der WASG

Fraktion und Bewegung

Zukunft und Perspektiven

illusionärer Populismus ?

Wahlkooperation?

Schwarze Agenda

"Ein Kessel Grünes"

Neue Linke - neue Partei ?

Anfang Juni haben führende PolitikerInnen von Linkspartei.PDS und der Partei Arbeit & soziale Gerechtigkeit – die Wahlalternative (WASG) zur Mitarbeit an der Gründung einer neuen Partei aufgerufen:
"Gegen die Übermacht des Kapitals lassen sich demokratischer Fortschritt und die Verbesserung der Lebensverhältnisse für eine große Mehrheit nur in einem breiten Reformbündnis erreichen. In der ganzen Welt formiert sich Widerstand gegen den entfesselten, neoliberalen Kapitalismus. Auch in Deutschland sind alle, die ein friedlicheres, gerechteres, ökologischeres und sozialeres Zusammenleben der Menschen wollen, aufgerufen, bei der Gründung der neuen linken Partei mitzuarbeiten."

In der Tat: Es geht um die Stärkung des Widerstandes gegen den Neoliberalismus – nicht nur, aber auch in Deutschland. Es geht um die Entwicklung eines breiten gesellschaftlichen Bündnisses und um ein neuartiges Zusammenwirken von sozialer Widerstandsbewegung und Partei.

Allerdings: Die Idee zu einem solchen Projekt ist nicht neu. Die Initiativen zur Gründung einer neuen Linkspartei in Deutschland haben eine zweijährige Vorgeschichte. Zu Recht wird am Tag des Gründungsaufrufes von der Süddeutschen Zeitung festgehalten: Die Umverteilungspolitik (Hartz IV, Tarifauseinandersetzungen, Gesundheitspolitik), aber auch die Beteiligung an imperialen Militäreinsätzen belegten keineswegs einen Niedergang des Neoliberalismus. "Doch statt die Chancen zu nutzen, zerlegen sich die Sozialisten nach allen Regeln der Kunst selbst." Der Spaltungsvorwurf ist übertrieben, aber die Vereinigung zu einer neuen Linkspartei zeigt auch Widersprüche.

Gleichwohl: der Kern der Kritik wird sicherlich nicht auf fruchtbaren Boden fallen, sondern – wie so häufig – als interessierte Stellungnahme der "bürgerlichen" Medien abgetan werden. Vielleicht findet die ähnliche Kritik von Detlef Hensche größere Aufmerksamkeit: "Wenn die künftige linke Partei wirklich bewegungsfähig ... werden soll, muss sie sich unterschiedlichen Sichtweisen öffnen. Das schließt Mehrheitsentscheidungen nicht aus. Doch die Debatte muss Respekt vor der Pluralität wahren... Sollte dagegen das Denken und Handeln in Kategorien von Disziplin, Durchstellen und Folgebereitschaft Schule machen, dürfte das neue Projekt die erwünschte Brückenfunktion zu den engagierten Kräften der Zivilgesellschaft verfehlen." (Blätter für deutsche und internationale Politik 6-2006)

Im Entwurf des Gründungsaufrufs ist die Unverzichtbarkeit von unterschiedlichen Sichtweisen und von der Integration verschiedener Protestpotenziale gegen den Neoliberalismus zu wenig herausgestellt. Alle Beteiligten wissen, dass die Überwindung der politischen Gräben innerhalb der Linken keine leichte Aufgabe ist. Wir sind ein gutes Stück vorangekommen, aber auch die Schattenseiten sind unübersehbar. Unsere Schlussfolgerung nach der ersten Phase: Verstärkung des Respekts vor der Pluralität des – sozialen und politischen – Widerstandes gegen den Neoliberalismus und Vorsicht vor der von einigen in Anspruch genommenen führenden Rolle der Fraktion.

Seit September 2005 ist die Linke im Bundestag vertreten. Die Abgeordneten gehören der Linkspartei.PDS und WASG an oder sind als unabhängige Linke zu diesem Projekt gestoßen. Ein solches Zusammenwirken verschiedener Strömungen, Tendenzen und Personen bedeutet eine neue Qualität in der Linken, zumal das Wahlrecht solche Prozesse nicht gerade begünstigt. Gelingt es dieser Formation, den politischen Auftrag von 4,1 Millionen WählerInnen zu erfüllen, Alternativen zu allen Varianten neoliberaler Politik sichtbar zu machen und die demokratischen Kontrollrechte des Parlaments voll auszuschöpfen, ist das eine wichtige Voraussetzung für die Wiederholung dieses Erfolges. Eine wesentlich weitreichendere Bedingung für die dauerhafte Existenz einer entschiedenen linken Opposition zum neoliberalen Gesellschaftsumbau wäre die Formierung einer pluralistischen linken Partei.

Der Gründungsaufruf

Die angelaufene Debatte um Inhalte, strategische Ausrichtung und Profil einer neuen linken Partei wird durch den Gründungsaufruf fortgeführt. Der Parteivorsitzende der Linkspartei, Lothar Bisky, hat in einem Mitgliederrundbrief zu Recht darauf verwiesen, dass in einer konstruktiv-kritischen Debatte über diese verschiedenen Positionsbestimmungen die Rahmenbedingungen für die Gründung der neuen Formation entstehen. Unserer Auffassung nach ist ein beliebiges unverbindliches "Nebeneinander" weniger zielführend als die wirkliche Bezugnahme auf die formulierten Entwürfe und Positionen. In diesem Sinne sehen wir die nachfolgenden Anmerkungen zum Entwurf eines "Gründungsmanifestes".

Raubtierkapitalismus?

"Die nationalen Volkswirtschaften verschmelzen miteinander und immer neue Erfindungen führen zu einer gewaltigen Steigerung der Produktivkräfte... Der Kapitalismus ist auf seine ständige Expansion angewiesen. Er erobert Absatzmärkte und Rohstoffquellen, auch mit militärischer Gewalt... Im rücksichtslosen Kampf um Macht und Einflusssphären missachten vor allem die Vereinigten Staaten von Amerika die Menschenrechte und die Genfer Konventionen. Sie schieben das internationale Recht zur Seite und kündigen die Norm des Völkerrechts, die jeden Angriffskrieg verbietet... Dieser Raubtierkapitalismus führt in weiten Teilen der Welt zu bitterer Armut und zum Terrorismus. Die USA bekämpfen diesen Terrorismus mit völkerrechtswidrigen Kriegen."

Dieser These stimmen wir zu und auch der unterliegenden Einschätzung, dass die Ressourcen vorhanden sind, um eine radikale Veränderung herbeizuführen. Allerdings wird der Begriff "Raubtierkapitalismus" nach unserer Auffassung der aktuellen Widerspruchsstruktur nicht gerecht. Selbst in Europa können wir noch nicht von einer Verschmelzung der nationalen Ökonomien sprechen. Die Entwicklung der Produktivkräfte basiert sehr viel stärker auf Umwälzungen in der Qualität und Organisation der lebendigen Arbeit. Der Übergang zu nicht-fossilen Energieträgern wäre im Grundsatz möglich wie überhaupt eine Umwälzung der Rohstoffbasis. Und schließlich sehen wir sowohl eine Ausweitung des internationalen Rechtes wie seine Verletzung. Die politischen Klassen der entwickelten Länder argumentieren mit einer gespaltenen Staatenwelt: Zwischen den entwickelten kapitalistischen Ländern gelte das Völkerrecht und kooperative Sicherheit. Wenn man dagegen im Dschungel operiere, müsse man die Gesetze des Dschungels benutzen.

Demokratischer Sozialismus

"DIE LINKE bekennt sich zum demokratischen Sozialismus. Der Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte. Weil der Schwächere nur frei sein kann, wenn ihn Gesetze und Regeln vor der Willkür der Stärkeren schützen, setzt sie auf Regulierung statt Deregulierung. Den moralischen Grundwerten der Gesellschaft soll auch in der Wirtschaft Geltung verschafft werden. Gesetze und Regeln müssen sicherstellen, dass die Kapitalverwertung dem Gemeinwohl verpflichtet ist, wie es das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verlangt."

Die Versuche, eine sozialistische Gesellschaft zu erreichen, scheiterten am Wirtschaftssystem und den damit begründeten Abhängigkeiten von einer kapitalistischen Globalökonomie. Wir haben die Verantwortung, die Umwälzungen der kapitalistischen Gesellschaften und ihrer Widersprüche aufzuheben. Diese Feststellungen dürften weithin akzeptiert werden können. Das Bekenntnis zum "demokratischen Sozialismus" unterstellt allerdings, dass hier kein großer Klärungsbedarf unterliegt. Aber weder haben sich die Mitglieder von Linkspartei.PDS und WASG bisher über die Gründe des Scheiterns der Sozialismus-Versuche verständigt, noch ist in der Breite darüber debattiert worden, wie durch Schritte der "Re-Regulierung" und Rücküberführung von privatisierten Bereichen in öffentliche Regie eine Demokratisierung der gesamten Ökonomie erreicht werden kann. Wenn im Gründungsaufruf durchschimmert, unter "demokratischem Sozialismus" sei die frühere politische Sonntagsformel der SPD zu verstehen, dürfte dies erheblichen Diskussionsbedarf auslösen. Wir brauchen eine Verständigung auf Alternativen zum neoliberalen Kapitalismus und dazu gehört die Debatte über eine nichtkapitalistisch strukturierte Ökonomie und Gesellschaft.

Aufhebung der männlichen Herrschaft

"DIE LINKE kämpft für die Aufhebung der männlichen Herrschaft und damit für die Aufhebung aller Formen der Unterdrückung, Diskriminierung und Ausgrenzung."

Dazu bedarf es Veränderungen im Alltagsleben, die weit über eine Gleichstellung in ökonomisch-sozialen Verhältnissen hinausgreifen, was in einem Gründungsdokument benannt werden sollte.

Komplexe Arbeitswelt und politische Bündnisse

"Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel. Durch den Anstieg der Produktivität werden immer mehr Dienstleistungen und Produkte von immer weniger Beschäftigten bereitgestellt. Dieser Fortschritt sollte allen zu gute kommen... Die mit der Deregulierung und Flexibilisierung einhergehende Auflösung sozialer Bindungen und Lebenswelten verändert die Menschen und setzt bei ihnen zerstörerische Potenziale frei... Die Verteilung des gemeinsam erarbeiteten Reichtums soll in erster Linie die lebendige Arbeit belohnen und nicht das tote Kapital. Eine Wirtschaftspolitik nach dem Vorbild skandinavischer Staaten verbindet einen hohen Beschäftigungsstand mit einem dicht geknüpften sozialen Netz."

Zum Wandel der Arbeitsverhältnisse gehört für uns auch, dass heute viele Lohnabhängige größere Handlungs- und Entscheidungsspielräume haben. Sie können teilweise auch in der Arbeit höhere Ansprüche durchsetzen, weshalb Anerkennung in und durch die Arbeit, Entfremdung und zerstörerische Potenziale komplexe Mischungsverhältnisse eingehen. Weil wir uns als Sammlungsbewegung verstehen, müssen wir auf allen Seiten der Lohnabhängigkeit und sozial Ausgegrenzten agieren: Jeder gesellschaftlicher Kurswechsel muss sich auf ein Bündnis von Lohnabhängigen, Menschen in ungesicherten (prekären) Beschäftigungs- und Lebensverhältnissen und gesellschaftlich ausgegrenzten Schichten stützen. Gerade wenn man in Arbeitszeitverkürzungen und dem Ausbau öffentlicher Dienste zentrale Hebel für die Zurückdrängung sozialer Spaltung und Ungleichheit sieht, gerade dann muss man für längere Übergangszeiten eine tragfähige, nicht repressive Konzeption der soziale Grundsicherung vertreten. NEUE LINKE, das kann nur ein politisches Bündnis von BürgerInnen aus höchst unterschiedlichen Arbeits- und Lebensverhältnissen sein. Das heißt aber auch: Eine zentrale Anforderung an ein solches Projekt ist der Umgang mit Widersprüchen und Konflikten, die ihren Hintergrund in den ungleichen Lebensverhältnissen haben. Es geht um die Verständigung in gemeinsamen Lernprozessen.

Zentrales Anliegen der neuen linken Partei muss die Förderung der lebendigen Arbeit und die Beschränkung der ökonomischen Ansprüche der vergegenständlichten Arbeit sein. Durch gerechtere Steuern und Abgaben will sie die hohen Einkommen und die großen Vermögen an der Finanzierung der Staatsaufgaben angemessen beteiligen. Wir treten für die Umlenkung gesellschaftlicher Ersparnisse (Formen der Geldvermögen, Fonds etc.) in gesellschaftliche Investitionen ein. Dies ist die Basis für Arbeitszeitverkürzungen, umfassende Qualifikation und öffentlich-soziale Diensten, was über das skandinavische Modell hinausgreift.

Ursachen und Stärke des Neoliberalismus

"In Europa übernahmen am Ende des 20. Jahrhunderts sozialistische und sozialdemokratische Parteien Regierungsverantwortung. Sie waren aber zu schwach, sich dem immer ungehemmter agierenden Kapitalismus in den Weg zu stellen... Der Neoliberalismus, ursprünglich nur eine Wirtschaftstheorie wurde zur Ersatzreligion. Er korrumpiert die Sprache und damit auch das Denken."

Die Formel vom Neoliberalismus als Ersatzreligion trägt nicht zu Aufklärung und Veränderung der Verantwortlichkeiten bei. Warum konnte sich denn die vermeintliche Ersatzreligion durchsetzen und eine solche Gewalt über die BürgerInnen entwickeln? "Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen." (Marx) Es gab kein ausgearbeitetes politisches Konzept, das den Übergang zu einer neoliberalen Wirtschaftsverfassung begründet und mit Magie umgesetzt hätte. Vielmehr nahmen größere und einflussreichere Unternehmen die Gewinnmöglichkeiten wahr, die sich auf Firmenebene durch eine Internationalisierung und Vergrößerung eröffneten. So begann zunächst (und immer noch anhaltend) eine atemberaubende Vermehrung von Fusionen und multi- und transnationalen Firmen. Das hatte zur Folge, dass sich innerhalb des "Kapitalsektors" das ökonomische Schwergewicht von ehemals entscheidenden Großbetrieben zu noch mächtigeren und immer mehr transnational agierenden Firmen verschob.

Wenn man diese Entwicklung zum Neoliberalismus mit Abstand betrachtet, zeigt sich, dass es sich bei den Wandlungsprozessen des Kapitalismus, die seit den frühen 1970er Jahren ihre Wirkung entfalten, im Grunde um eine allgemeine Flexibilisierung der Arbeitsbeziehungen und der Sozialversicherungsleistungen handelt, die an den Status des Werktätigen gekoppelt sind. Diese Dynamik bringt zugleich eine Entkollektivierung, eine neuerliche Individualisierung und einen Abbau der sozialen Sicherungsleistungen mit sich.

Ökonomische Folgen des neoliberalen Systems

"Die kapitalistische Wirtschaftsordnung führt zur Konzentration des Vermögens in den Händen einer Minderheit... Die Zusammenballung wirtschaftlicher Macht gefährdet die Demokratie. Macht, die demokratisch nicht legitimiert ist, darf die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht bestimmen. Stark konzentrierte Wirtschaftsbereiche müssen entflochten werden. Aus diesem Grund will die DIE LINKE die Kartellgesetzgebung verschärfen. Nur dann können Markt und Wettbewerb ihre Wirkung entfalten und den gesellschaftlichen Wohlstand steigern. Markt und Wettbewerb führen nicht nur zu einer effizienten Wirtschaft, sondern ebenso zur Dezentralisierung wirtschaftlicher Entscheidungen und damit zur Einschränkung wirtschaftlicher Macht. DIE LINKE. setzt daher vorrangig auf die Förderung der 2,9 Millionen Unternehmen, die weniger als 10 Millionen Euro Umsatz machen, und der über eine Million Kleinbetriebe, die in Deutschland weniger als zehn Beschäftigte haben."

Neoliberale Politik befördert den Widerspruch zwischen Überakkumulation von Kapital und relativer Überbevölkerung (Massenarbeitslosigkeit) und ist letztlich auch im Kapitalinteresse kontraproduktiv: Denn ohne die verschiedenen Formen der Umverteilung des erarbeiteten Mehrwerts zur Arbeit fehlt die kaufkräftige Nachfrage, die zur Abnahme der wachsenden Produktion notwendig ist. So entpuppt sich das neoliberale System letztendlich als wirtschaftsfeindlich. Es ist nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, für hinreichende Einkommen der großen Masse der Bevölkerung zu sorgen. Hinreichende Masseneinkommen sind auch die Voraussetzung dafür, dass die großen und die kleinen Unternehmen ausreichende Gewinne machen können. Wir sollten in einem Gründungsdokument stärker die Notwendigkeit der Reorganisation des gesellschaftlichen Reichtums betonen.

Zusammengefasst: Im Gründungsaufruf sind wichtige Grundgedanken zusammengefasst; sie müssen sich im Diskussions- und Verständigungsprozess als mehrheitsfähig erweisen. Es ist unverzichtbar, dass in den nächsten Monaten die in den Parteien aufgeworfenen offenen programmatischen Fragen und zirkulierenden Positionspapiere in einen Zusammenhang mit dem Gründungsaufruf gebracht werden. Ein überarbeitetes Gründungsmanifest kann dann den Startschuss für die organisatorische Vereinigung geben.

Anhang: Die offenen Fragen aus dem Eckpunktepapier

Deutliche Mehrheiten in Linkspartei.PDS und WASG haben – bei durchaus kritischen Debatten und Widerständen – ihren Vorständen den Auftrag erteilt, bis Mitte 2007 eine wählbare Partei zu schaffen. Die anfängliche Euphorie über ein rasches Zusammengehen, gestützt auf die Hypothese von einer weitgehenden programmatisch-strategischen Übereinstimmung, löste sich bald in einen konstruktiven, aber durchaus streitbaren Parteibildungsprozess auf. Ein gemeinsamer Ausschuss aus beiden Parteien legte im März 2006 ein Eckpunktepapier vor, das neben Übereinstimmungen auch offenen Punkte und Verständigungsbedarf in zentralen Fragen erkennen ließ:

"Unter Linken wie in der Gesellschaft ist umstritten, ob die Forderung nach Erwerbsarbeit für alle Arbeitsuchenden noch ein realistisches und zentrales Ziel alternativer Politik sein kann.

Strittig unter Linken ist, welche Stellung die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zur Rückgewinnung politischer Gestaltungsräume in linker Politik haben sollte. Dazu gehören auch Fragen danach, in welchem Umfang angesichts der Finanzprobleme öffentlicher Haushalte eine Ausweitung von öffentlichen Investitionen, Kreditfinanzierungen und von Beschäftigung im öffentlichen Dienst finanzierbar und vertretbar ist.

Umstritten im Spektrum alternativer Debatten ist die Frage, ob eher einem bedingungslosen individuellen Grundeinkommen als Rechtsanspruch für alle Bürgerinnen und Bürger der Vorzug zu geben ist oder einer bedarfsorientierten Grundsicherung für Menschen in sozialer Not. Da wir Zwang zur Arbeit ablehnen, stellt sich das Problem: Wie können zumutbare Arbeit und Bedürftigkeit bestimmt werden?

Eine weitere Frage ist, wie stark und an welchen Stellen statt des Versicherungsprinzips staatliche Verantwortung unter Einsatz von Steuermitteln zum Tragen kommen soll?

Schließlich wird kontrovers debattiert, welche Reformen der demografische Wandel insgesamt erfordert.

Eines der strittigen Themen in der gesellschaftlichen Debatte ist, ob das Verbot neonazistischer und rechtsextremer Organisationen und Parteien im Kampf gegen Rechtsextremismus sinnvoll ist.

Zu den offenen Problemen gehört: Wie kann vermieden werden, dass eine Konzentration auf Wachstumskerne und Schwerpunktbranchen periphere Regionen nicht noch weiter abhängt?

Zu den wichtige Fragen, die sowohl unter Linken als auch in der Öffentlichkeit weiter diskutiert werden sollten, gehören:

Unter welchen Bedingungen können und sollen internationale Militäreinsätze im Auftrag und unter Kontrolle der UN in regionalen Kriegs- und Bürgerkriegskonstellationen zu einer Rückkehr der friedlichen Entwicklung beitragen?

Welcher Zusammenhang, welche Widersprüche bestehen zwischen Gerechtigkeit und Menschenrechten?

Wie soll sich die Linke zur weiteren Erweiterung der EU, zur Aufnahme der Türkei, zur Niederlassungsfreiheit positionieren? ...

Es gibt unter uns unterschiedliche Auffassungen darüber, welches die besonderen Aufgaben einer Partei im Unterschied zu sozialen Bewegungen sind, wie das Verhältnis von außerparlamentarischer und parlamentarischer Arbeit zu gestalten ist und ob eine Regierungsbeteiligung auf Landesebene unter den gegenwärtigen Bedingungen den gemeinsamen Maßstäben an linke Politik gerecht werden kann oder nicht."

Quelle: http://www.sozialismus.de/socialist/pages/kommentar.php?para=1348

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