Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit
Eine andere Politik ist möglich!

Pateibildungsprozess

Neue Herausforderungen an eine geeinte Linke

Die bundesdeutsche Linke hat ihre Position nach einem fulminanten Start bei der Bundestagswahl 2005, nicht ausbauen können. Trotz der Konsequenzen großkoalitionärer Politik mit massiven Einschnitten in den Lebensbedingungen breiter Teile der Bevölkerung verharrt die Linke in den bundesweiten Umfragen bei 8% bis 10%.

Stein des Anstoßes

Linkspartei/WASG: Viele Linke blicken weiter misstrauisch auf Berlin. Doch die gemeinsame Partei sollte sich vor allem auf einen Richtungswechsel im Bund konzentrieren

Partei ergreifen – eintreten für Arbeit und soziale Gerechtigkeit

Im Sinne des bayrischen Kooperationsabkommens von WASG und Linkspartei.PDS hat der mitgliederstarke Kreisverband München eine gemeinsame Versammlung durchgeführt. Unter dem Motto „Partei ergreifen – eintreten für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ verwies Fritz Schmalzbauer auf die kurze Historie der WASG, ihre Erfolge und die Notwendigkeit einer inhaltlich neu bestimmten Linken.

Programmatische Eckpunkte III – brauchbare Grundlage für die Parteibildung der Linken

Die am 22.10.2006 von den Parteivorständen von Linkspartei.PDS und WASG beschlossenen programmatischen Eckpunkte auf dem Weg zu einer neuen Linkspartei“ sind auf einige Kritik gestoßen, insbesondere auch von links. Vertreterinnen der „Antikapitalistischen Linken“ sehen sogar eine „Kehrtwende nach rechts“ und „die SPD rechts überholt“. Diese Kritik wird der Bedeutung der Eckpunkte nicht gerecht.

In Sorge um den Parteibildungsprozess

Gemeinsam mit Heinz Hillebrand, Bernhard Sander und anderen war ich von Beginn an aktiv beim Aufbau der WASG in Nordrhein-Westfalen engagiert. Unser Projekt zielte darauf ab, angesichts der Entfremdung der SPD von Ihrer gewerkschaftlichen Basis eine neue wählbare Linke in Deutschland zu etablieren. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg war die Beteiligung an der Landtagswahl in NRW im Mai 2005.

Die Bildung der neuen linken Partei - Zwischenbilanz und Ausblick

Parteineugründungen oder gar die Bildung einer neuen Partei nach dem Motto: Aus Zwei mach Eins, bzw. Eins+, weil viele Linke neu einbezogen werden sollen, kommen nicht so häufig vor. Von den Grünen wissen wir, wie stürmisch solche Prozesse ablaufen können, von der Westlinken, dass so etwas leicht schief gehen kann.

Anmerkungen zu den Programmatischen Eckpunkten auf dem Weg zu einer neuen Linkspartei in Deutschland (Eckpunktepapier)

Das Eckpunktepapier ist ein guter Ausgangspunkt für die Diskussion um das Programm einer neuen Linken. Die Linke will die verschiedenen Strömungen zusammenführen, die sich in der Ablehnung von Krieg und Neoliberalismus einig sind. Es wird daher in der Linken Gemeinsamkeiten in vielen Punkten geben und gleichzeitig unterschiedliche Meinungen zu verschiedenen Fragen. Das Eckpunktepapier benennt beides: Gemeinsamkeiten und Differenzen.

Keine tragfähige Programmbasis? Zum „Aufruf aus der PDS zur neuen deutschen Linkspartei“

Unter dem Titel „Abschied und Wiederkehr“„ haben sich ca zwei Dutzend führende Politikerinnen der Linkspartei zu Wort gemeldet , um ihren „Diskussionsstand, ihre Stärken und wesentliche programmatische Ansätze der PDS in die neue Linkspartei einzubringen.“ In begleitenden Zeitungsinterviews der letzten Tage (so etwa im „Neuen Deutschland“ haben einige der UnterzeichnerInnen unterstrichen, dass es in ihren Augen noch keine programmatische Basis für die neue Partei der Linken gibt.

Neue Linke - neue Partei?

Zum Aufruf zur Gründung einer neuen Linken. Von Joachim Bischoff, Richard Detje, Hasko Hüning und Björn Radke

Stellungnahme des VVN zu den „Programmatischen Eckpunkten“

Die VVN-BdA ist die größte und älteste antifaschistische Organisation in Deutschland, ist überparteilich und arbeitet mit vielen Gruppen und Verbänden zusammen, die bereit sind Neofaschismus zu bekämpfen, so auch in vielen Städten mit Gruppen der WASG und der PDS.

Anmerkungen zum Eckpunktepapier und zum Aufruf zur Gründung einer neuen Linken

In der Entwicklung von Forderungen ist es notwendig, dass sich die Mitglieder mit vorhandenen Strömungen und Ansätzen in der Frauenpolitik auseinandersetzen und sich dazu positionieren. - Landesfachkommission Frauen in der WASG Niedersachsen

Basis und Überbau

Die ostdeutschen Landespolitiker der Linkspartei.PDS wissen, daß sie sich von der Bundestagsfraktion nichts sagen lassen müssen. Schon gar nicht, wenn es um Wirtschaft und Arbeit geht. Von Sebastian Gerhardt

Wem gehört die Partei? Moderne Linkspartei, Offene Organisation, Offener Sozialismus

Von Christoph Spehr - Obwohl es in der geschichtlichen Entwicklung immer anders kommt, als man denkt, tritt manchmal auch der glückliche Umstand ein, mit einer Voraussage Recht gehabt zu haben. Nach der Niederlage der PDS bei der Bundestagswahl 2002 hatte die Luxemburg-Stiftung die Einschätzung vertreten, dass auch in Deutschland nur eine moderne Linkspartei die Chance hätte, sich langfristig im Parteienspektrum zu etablieren, und dass eine solche Linkspartei nur das Ergebnis einer kooperativen Vereinigung zwischen der PDS und anderen Gründungskernen sein könne.

Verantwortung für die Linke übernehmen

Jede Ablenkung ist recht, wenn sie die zu erledigende Arbeit auch nur ein bisschen aufschieben kann. Jede Entschuldigung willkommen, Kompromiss als klare Meinung zu definieren. Keine Diskussion zu lang, wenn sie Verantwortung abnimmt. Die Linke in Deutschland hat Arbeit vor sich, sie muss sich als deutlich zeigen, und sie trägt Verantwortung. Und was macht sie in Teilen? Sie lenkt (sich) ab, sie zerfließt in Kompromissen. Sie scheut die Verantwortung – in erster Linie für sich selbst.

Lieber ein klares Profil als Regierungsämter

Der Berliner Streit zwischen WASG und PDS bleibt Episode, wenn sich beide darauf konzentrieren, ein neues linkes Programm zu entwerfen Eines sollte den Mitgliedern der Linkspartei PDS und der WASG gleichermaßen klar sein: Auf sich gestellt, hat keine der beiden Parteien eine solide Chance, bei künftigen Wahlen fünf Prozent zu erreichen. Es führt also kein Weg an der Gründung einer neuen, geeinten Linken vorbei. Gefühlsaufwallungen können hintangestellt werden.

WASG und „sozialdemokratischer Stallgeruch“

Anmerkungen zur Partei Neuen Typs im entfesselten Kapitalismus anlässlich des Rücktritts von Joachim Bischoff und Björn Radke vom WASG-Bundesvorstand - Von Horst Arenz

Für eine antikapitalistische Linke

Vertreterinnen und Vertreter aus Linkspartei und WASG haben gemeinsam die programmatischen Thesen „Für eine antikapitalistische Linke“ erarbeitet, die wir hiermit der Öffentlichkeit vorstellen. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieser Thesen möchten, dass die sich heute bietende Chance für eine starke, in Ost und West akzeptierte, in Gewerkschaften und sozialen Bewegungen verankerte und damit gesellschaftlich einflussreiche Linke nicht verspielt wird. Wir halten die aktuellen Konflikte für überwindbar.

Noch nicht angekommen oder schon das Ziel verfehlt? – Die neue Linke nach dem „Superwahltag“ 26. März 06.

Diskussionsgrundlage der gemeinsamen Programmkommission von Linkspartei.PDS und WASG

Programmatische Eckpunkte auf dem Weg zu einer neuen Linkspartei in Deutschland

Diskussionsgrundlage der gemeinsamen Programmkommission von Linkspartei.PDS und WASG

Was für eine neue Linke brauchen wir?

Redemanuskript von Christine Buchholz auf der Informationsveranstaltung des Bundesvorstandes der WASG zum Parteibildungsprozess mit Oskar Lafontaine und Christine Buchholz am 20.2.2006 in Berlin. (Es gilt das gesprochene Wort)

Zum Widerspruch zwischen Parteientwicklung und Linksradikalisierung

Die WASG (Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit) wurde gegründet, weil weder im herrschenden Parteienspektrum noch in linken Parteien und parteiähnlichen Gruppen außerhalb des Parlaments eine ernstzunehmende gesamtdeutsche Kraft zur Sicherung und zum Ausbau des Sozialstaates und zur Eindämmung des entfesselten Kapitalismus erkennbar war. Sie war zunächst eine Reaktion von Gewerkschaftlern und Wissenschaftlern auf die neoliberale Politik, die sich während der letzten Amtsperiode Schröder/Fischer in der „Agenda“ zugespitzt hatte.

Doppelmitgliedschaft von Gysi und Lafontaine ist positives Signal für Parteibildung

Die WASG hatte nach kontroverser Diskussion in ihrer Entstehungsphase Doppelmitgliedschaften ausdrücklich zugelassen, um möglichst vielen Menschen die Gelegenheit zu geben, sich für soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung einzusetzen, ohne dass sie sofort ihre bisherige politische Heimat aufgeben müssen.

Kann die deutsche Linke zusammenkommen?

Schon vor dem Ende des Wahlkampfes sprachen sich die zentralen Akteure des Bündnisses - Linkspartei und WASG - für vorbereitende Schritte zur Bildung einer umfassenden Partei der neuen Linken aus. Wenige Wochen nach dem Wahlerfolg treten in beiden Parteien, aber auch in deren Umfeld Kritiker dieses Projektes auf die politische Bühne. Die Einwände liegen auf unterschiedlicher Ebene, und auch in den politischen Schlussfolgerungen zeichnet sich bei den KritikerInnen kein Konsens ab.

Gehört die deutsche Linke zusammen?

Mit der Fraktion "Die Linke", einem Bündnis zwischen PDS, einigen Parteilosen und zwölf Mitgliedern der westdeutschen WASG, ist im Bundestag wieder eine fünfte Kraft eingezogen. PDS und WASG wollen langfristig eine neue Partei bilden. Aber zwischen den Partnern gibt es Antagonismen, und ein Zusammengehen ist besonders für viele WASG-Mitglieder nicht unumstritten.

Polemik aus Mecklenburg-Vorpommern

Das linke politische Lager hat es in Deutschland bitter nötig, die Gemeinsamkeiten als Grundlage politischen Handelns zu gebrauchen.

Zur Strategie der WASG

Die politische Linke wird wieder eine kräftige Stimme im nationalen Parlament haben. Das ist zwar ein deutlicher Schritt nach vorn, aber noch nicht die Lösung der uns bedrängenden gesellschaftlich-politischen Probleme.

Fraktion und Bewegung

Nach dem 18.9. wird aller Voraussicht nach eine linke Fraktion im Bundestag sein. Dieses wichtige Signal ist ein Erfolg der Oppositionsbewegung gegen die rot-grüne Regierungspolitik.

Zukunft und Perspektiven

Das Projekt einer Wahlkooperation liegt nicht mehr allein in der politischen Verantwortung von der Wahlalternative (WASG) und der Linkspartei. PDS.

illusionärer Populismus ?

Die PDS hat sich auf einem Sonderparteitag mit 74% Zustimmung in Die Linkspartei. umbenannt. Die Zustimmung kann nicht verdecken, dass es in den Landesverbänden erhebliche Unruhe, als auch Protest gibt – wie im Übrigen innerhalb der WASG auch – gegenüber dem Projekt eines abgesprochenen Wahlantritts und der Perspektive einer gemeinsamen neuen Formation der Linken.

Wahlkooperation?

Die anfängliche Aufregung über die geplante Kooperation bei der Bundestagswahl und das Zusammengehen von Wahlalternative und PDS in einer breit angelegten, demokratischen Linkspartei hat sich gelegt. Nun folgt die mühselige Alltagspraxis, das Projekt mit politischem Leben zu erfüllen.

Schwarze Agenda

Die Unionsparteien wollen die Bürger unseres Landes zu „Gewinnern der Globalisierung“ machen. Kein „Weiter So“ sondern eine "große gemeinsame Anstrengung".

"Ein Kessel Grünes"

An diesem Wochenende werden BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Bundesdelegiertenkonferenz in Berlin ihr Wahlprogramm verabschieden.

Neue Herausforderungen an eine geeinte Linke

Von Horst Arenz (leicht gekürzt)

Die bundesdeutsche Linke hat ihre Position nach einem fulminanten Start bei der Bundestagswahl 2005 nicht ausbauen können. Trotz der Konsequenzen großkoalitionärer Politik mit massiven Einschnitten in den Lebensbedingungen breiter Teile der Bevölkerung (Gesundheitsreform, Kürzung der Pendlerpauschale, Fortsetzung Hartz IV, Ausweitung Niedriglohnsektor, Mehrwertsteuererhöhung, Strompreiserhöhung, Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge, Rentenkürzung, Studiengebühren usw. usw.) verharrt die Linke in den bundesweiten Umfragen bei 8% bis 10%. Diese relative Konstanz der Umfragewerte ist gleichwohl ein Novum in der bundesrepublikanischen Geschichte. Dennoch herrscht in der Linken das Gefühl vor: Der Schwung ist raus. Trotz erheblicher Anstrengungen auf allen Ebenen (in den Parteien und bei den Bundestags- und Landtagsfraktionen) und trotz einer nie da gewesenen Prominentenpräsenz in den Medien kommt die Linke nicht voran. Der die Öffentlichkeit lange Zeit beschäftigende Konflikt um die Haltung zur Konkurrenzkandidatur der Berliner WASG gegen die L.PDS ist von der politischen Agenda verschwunden, ohne dass sich dies positiv auf Umfrageergebnisse und Akzeptanz in der Bevölkerung ausgewirkt hat. Auch die nach der letzten Bundestagswahl weiter anhaltende Auszehrung der SPD hat sich bislang nicht ausgezahlt.

Was sind die Ursachen?

Die Diskussion im Vorfeld der Parteineugründung bewegt sich um eher globale und wenig differenzierte Fragestellungen. Derartige Debatten erinnern an alte Kontroversen in der bundesdeutschen Linken. Bei minimaler Resonanz in der Öffentlichkeit sind sie stets nach innen gerichtet und führen im Ergebnis zur Abgrenzung der verschiedenen Strömungen gegeneinander. Nicht Prinzipiendebatten über das Ja oder Nein zu Regierungsbeteiligung, demokratischen Sozialismus, Verstaatlichung der Schlüsselindustrien, Abschaffung des Kapitalismus, Trennung von Amt und Mandat bringen mehr Resonanz in der Bevölkerung, sondern die Propagierung glaubwürdiger, d.h. realisierbarer Konzepte zur schrittweisen Umgestaltung der ökonomischen und sozialen Strukturen des entfesselten Kapitalismus des 21. Jahrhunderts, zur Zurückdrängung der Kräfte des Neoliberalismus und zur Bildung einer kampfstarken, handlungsfähigen Partei, die in der Lage ist, Attraktivität in der Bevölkerung zu gewinnen.

1. Finanzmarktkapitalismus und Prekarität

Wie lässt sich die Situation beschreiben?

  • Der weltweit sich durchsetzende Finanzmarktkapitalismus mit seiner neuen Qualität im Verhältnis von Geld- und Realkapital und der Anspruchshegemonie der Vermögensbesitzer durchdringt immer stärker alle Poren auch der bundesdeutschen Gesellschaft. Die konkurrenzgetriebene Jagd der Hedgefonds, Private-Equity-Firmen, Pensions- und Investmentfonds und Banken nach der „Alpha-Rendite“ wird zum bestimmenden Kriterium der Geschäftspolitik der Unternehmen, Finanzinvestoren greifen immer aggressiver in die operativen Entscheidungen des Managements ein.
  • Direkte Folge sind Lohndrückerei, Massenarbeitslosigkeit und wachsende Unsicherheit der Beschäftigung, Expansion von Niedriglohnsektor und prekärer Beschäftigung. Vor allem letztere strahlt immer direkter auch auf die Verunsicherung und Defensivhaltung der Stammbelegschaften aus. Die Konkurrenz der auf sich selbst zurückgeworfenen Prekärbeschäftigten, denen es zwangsläufig nur noch ums Überleben im Betrieb geht, nimmt zu.
  • Die Verteilung der Primäreinkommen verschiebt sich über Steuererleichterungen zugunsten hoher Einkommen, Gewinne und Vermögen und durch Steuerzuschläge auf sog. Massensteuern (Lohn-, Mehrwert-, Mineralölsteuer).
  • Auch der öffentliche Sektor im umfassenden Sinne gerät unter massiven Finanzierungsdruck - abzulesen an der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und Renten sowie an der Überwälzung der Gesundheit- und Pflegekosten auf die Versicherten. Die Erwerbszentrierung der Sozialsysteme wird erschüttert.

Fazit: Im Vergleich zum Rheinischen Kapitalismus früherer Jahre verändert sich der gesellschaftliche Reproduktionsprozess qualitativ – mit grundlegenden Folgen für alle Versuche aus welcher politischen Richtung auch immer, diesen Prozess gesellschaftlich zu steuern. Für die politische Linke folgt daraus als erste fundamentale Erkenntnis, dass ganz neue Anforderungen an die ökonomische Regulierung des Kapitalismus gestellt sind, die mit den alten Kostümen – egal ob „von links“ oder „von rechts“ - nicht zu bewältigen sind.

2. Passivität und Ressentiment, Verfall von Sozialkapital

Eine nicht minder zentrale Erkenntnis über die konkreten Bedingungen entwickelter kapitalistischer Länder in der Phase des Finanzmarktkapitalismus kommt hinzu. Die Bereitschaft der Betroffenen, sich gegen die Zustände zur Wehr zu setzen, korrespondiert keineswegs mit dem Ausmaß, in dem sie von der unsozialen Politik betroffen sind. Auch in Deutschland ist ein hohes Maß an Passivität und Rückzug aus der Politik zu beobachten. Der US-amerikanische Industriesoziologe Richard Sennett hat angesichts eines in der amerikanischen Arbeiterschaft durchaus vorhandenen Bewusstseins über stagnierende Einkommen, Sozialabbau und Niedergang des Gesundheitssystems bei seit 15 Jahren ansteigender Produktivität und Explosion der Unternehmensgewinne die Frage aufgeworfen, warum sich in den Unterschichten „keine dieser Fehlentwicklungen der materiellen Grundversorgung in politisches Handeln übersetzt?“

Ohne den Anspruch einer erschöpfenden Antwort liefert Sennett vier Argumente, um sich dem Problem zu nähern:

  • In Ermangelung alternativer kollektiver Handlungsmöglichkeiten macht sich ein Gefühl von Verunsicherung, Ohnmacht, Resignation und Angst breit. Sennett betont in dem Zusammenhang die fehlende Perspektive konkreter und glaubwürdiger Konzepte.
  • Der Verlust an Gestaltbarkeit der eigenen Verhältnisse führt zur Verlagerung der Selbstbestimmung in Religiösität. „Die Religion hat sich zu dem Terrain entwickelt, auf dem diese Frage nach der Aktivität und Passivität, Macht und Ohnmacht, verhandelt wird.“ Sennett spricht den Umstand an, dass im Alltagsbewusstsein die realen Verhältnisse in Symbole transformiert und in Sphären übertragen werden, in denen eigenständiges Agieren noch möglich ist.
  • Das Gefühl der Nutzlosigkeit, Exklusion und Ohnmacht ist eng verbunden mit dem Ressentiment, mit der Abgrenzung gegen das Andere, gegen die, die nicht hart arbeiten, die „Parasiten“, die Ausländer - und mit der Suche nach dem Sündenbock.
  • Die Transformation der eigenen Ohnmacht in Religiosität, von „wirtschaftlichen Fragen in kulturelle“ wird von der amerikanischen Rechten bewusst aufgegriffen. Bush wird von den Unterschichten gewählt, weil er – „anders als die ‚Linke’ …in ihrer eigenen Sprache spricht“, weil er für sie „Teil ihrer diskursiven Gemeinschaft“ ist.
  • Die Kehrseite von Resignation und Rückzug der Massen aus der Politik ist die Zentralisierung auf Seiten der Exekutive.
  • Das Fehlen von Alternativen hängt primär damit zusammen, dass die amerikanische Linke in „derselben Passivität gefangen ist wie der Rest der Gesellschaft“. Hierfür macht Sennett zwei Gründe aus: Die Masse der Amerikaner hat das Gefühl, dass die Linke „ihr mit Geringschätzung begegnet, auf sie herabschaut und sie allenfalls wie ein Werkzeug behandelt“. Zweitens verfüge die US-Linke über keine Antworten, in denen „Handlungsfelder und Zukunftsprojekte angelegt sind“.
  • Sennett stellt den „Zusammenbruch der amerikanischen Zivilgesellschaft“ in Zusammenhang mit dem „Übergang vom alten fordistischen Kapitalismus zum neuen flexiblen Kapitalismus und darin begründeten Klassenstruktur Amerikas“.

Die von Sennett beschriebenen Prozesse sind im Grundsatz auch in Deutschland festzustellen. Im Gegensatz zu linkssektiererischen Wunschbildern über die revolutionäre Kampfkraft der deutschen Arbeiterklasse ist auch in Deutschland eine ausgeprägte politische Passivität in weiten Teilen der Bevölkerung zu konstatieren. Alle Umfragen und Studien zeigen – verstärkt in den unteren Einkommensschichten – eine große Distanz zur Politik und zu den politischen Parteien, begleitet von Zweifeln und Misstrauen gegenüber der Funktionsfähigkeit unseres demokratischen Systems.

Im Sommer letzten Jahres gelangte die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in der Studie „Gesellschaft im Reformprozess“ zu dem Fazit, dass bei 42 % der Befragten mit durchweg unterdurchschnittlichem Bildungs- und Einkommensniveau deutliche Tendenzen der Verunsicherung, verbunden mit autoritär-ethnozentristischen Vorstellungen und festsitzenden Zweifeln an der Gestaltungskraft politischer Parteien zu beobachten ist und dass immerhin über 8 % sich auf der Verliererseite fühlen und ihre Situation aus ausweglos einschätzen. Dies versetzte die Öffentlichkeit in einen Schockzustand. Durch die Studie ist vielen erstmalig der Verfall an Sozialkapital einer breiteren Öffentlichkeit bewusst geworden, der auch bei uns bedrohlich zunimmt. Franz Walter hat diese Tendenzen als „negative Individualisierung“ in den Unterschichten bezeichnet.

Sennett hat seine Analysen zugespitzt in der These von Aufkommen eines „sanften Faschismus“. Auch bei uns sind in wachsendem Ausmaß Tendenzen zu beobachten, die man als Vorstufen zu einem sanften Faschismus bezeichnen kann. Hier können nur einige Beispiele angeführt werden. So etwa die immer aggressivere Verwendung von Nazi-Symbolen in den Fußballstadien oder die zunehmende Pornographisierung in der Gesellschaft, insbesondere in der Rapmusik.

Schließlich gilt auch für Deutschland, dass die politische Klasse versucht, über die Dramatisierung der Folgen der Globalisierung, die Privatisierung der Sozialversicherung und das Schüren von Terrorangst Kapital in Richtung Demokratieabbau zu schlagen. Als Beispiele seien hier nur Schröders erpresserische Basta-Kultur, die schleichende Entmachtung des Bundestags durch die Inflationierung von unter Schröder eingesetzten Kommissionen, Schäubles Projekt des Bundeswehreinsatzes im Inland oder die rechtswidrige Beobachtung der Linksfraktion im Bundestag durch den Verfassungsschutz genannt.

3. Die Linke: Schwäche und politische Verantwortung

Der Schwung ist raus, hat Lothar Bisky festgestellt. Die anfängliche Euphorie in der WASG ist von der Erfahrung verdrängt worden, wie schwierig und mit welch heftigen Auseinandersetzungen die Versammlung der linken Kräfte dieser Republik unter ein gemeinsames Handlungskonzept verbunden ist.

Hinzu kommen die dargestellten Prozesse von Entsolidarisierung, die Defensive der Abwehrkämpfe, Rückzug aus der Politik, Krise der Demokratie und der politischen Repräsentanz, die ein Gesamtbild von der realen Situation des politischen Kräfteverhältnisses im Lande hergeben. Hinzu kommt weiter die eingangs beschriebene Abgehobenheit und Respektlosigkeit innerlinker Auseinandersetzungen. Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass die Geschichte der internationalen Linken eher eine Geschichte von Niederlagen ist; dies hat Folgen für die Akzeptanz unserer Konzepte bei den Menschen. Die jahrelang thematisierte Krise der Linken ist durch ihre neuerliche Vertretung im Bundestag nicht vom Tisch.

Umso wichtiger ist es, den tatsächlichen Stand der politischen Kräfteverhältnisse zur Kenntnis zu nehmen und daraus Schwerpunkte der Arbeit zu entwickeln:und in für die Menschen verständlichen Symbolen und Forderungen zu propagieren.

  • Analyse der Grundstrukturen des Alltagsbewusstsein der vom Neoliberalismus vorrangig Betroffenen und anknüpfend daran Entwicklung von Forderungen, die zur Stärkung von Kritik und Widerstand gegen die Zumutungen beitragen. Im Vordergrund steht dabei die Konzentration auf Alternativen zur Reform des Gesundheitssystems, der Pflegeversicherung, zur Familien- und Frauenpolitik, zur Rente mit 67, zu Hartz IV und zur Privatisierung Öffentlicher Dienstleistungen – kurzum auf Handlungsfelder, die im Alltag der Menschen im Vordergrund stehen. So verstandene Anknüpfung an Alltagsbewusstsein läuft nicht auf die bekannte opportunistische Anpassung an rechte Vorstellungen oder auf Populismus hinaus. Basis für linke Anknüpfungspunkte existieren genug. Verwiesen sei hier nur auf die breite Akzeptanz der Forderung nach sozialer Gerechtigkeit.
  • Wirtschafts- und finanzpolitisch geht es auf nationaler Ebene primär um Konzepte zur Stärkung der Binnennachfrage im Rahmen eines Zukunfts-Investitionsprogramms und zu ihrer Finanzierbarkeit (Vermögen- und Erbschaftsteuer, Unternehmensteuerreform).
  • Mit Blick auf die internationalen Wirtschafts- und Finanzstrukturen geht es darum, eine glaubwürdige Antwort auf die „berühmte“ Frage Joschka Fischers an die Delegierten eines verdi-Kongresses zu finden: Wollt Ihr etwa Politik gegen das internationale Finanzkapital machen?
  • Friedenspolitisch steht als Minimalkonsens die Ablehnung der Beteiligung an kriegerischen Aktionen (Beispiel Afghanistan, Irak) im Mittelpunkt.
  • Innerparteilich geht es vorrangig darum, unter Gewährleistung von Formen breiter Debatten über unterschiedliche Theorien und Auffassungen operative Strukturen aufzubauen, die die vereinte Partei schlagkräftig und handlungsfähig machen in einem Kampf um die Köpfe, der von der politischen Konkurrenz gnadenlos geführt wird.

Festzustellen ist, dass in Bezug auf diese Fragen trotz aller Differenzen im Detail ein relativ breiter Minimalkonsens in der Linken besteht, der auch weit in die Gewerkschaften reicht. Die Linke steht – nicht zuletzt angesichts der aus Passivität und Abbau von Sozialverhalten folgenden Bedrohungen für die Fortexistenz des Demokratischen Systems – in der Verantwortung, nüchtern die realen Kräfteverhältnisse zur Kenntnis zu nehmen und sich davon ausgehend auf den skizzierten Katalog von Minimalforderungen zu verständigen. Der Aufbau der sozialistischen Gesellschaft ist ein in zeitlichen Etappen verlaufender Prozess, die jede für sich eigene Prioritäten aufweist. Gerade in Deutschland hat sich die Linke auf das Bohren ganz dicker Bretter einzustellen.

Das schließt in aller Rücksichtslosigkeit ein, die Klärung von Differenzen in Teilaspekten nicht zur Bedingung der Zusammenarbeit zu machen, sich auf Schwerpunkte zu konzentrieren statt sich in Detailfragen zu verlieren und die Priorität auf die Zukunft statt auf die Vergangenheit und auf die Arbeit nach außen statt auf Kontroversen nach innen zu legen.

In der aktuellen Diskussion um die Gründung einer vereinigten Partei geht es gegenwärtig darum, eine Basis für gemeinsames Handeln zu finden. Bestimmte bornierte Fragestellungen in der Debatte wurden schon angesprochen. Wichtig ist, die Borniertheiten auf beiden Seiten zu überwinden. Bei der L.PDS kann ein Grundsyndrom ausgemacht werden, das sich im Sinne Gysis charakterisieren lässt als das Streben nach Anerkennung. Einerseits ist dies zu respektieren. Die Grenze ist allerdings da, wo das Streben, von der bundesdeutschen Gesellschaft anerkannt zu werden z.B. wie in Berlin dazu führt, dass mit Rücksicht auf die Sachzwänge die Glaubwürdigkeit von Kernzielen linker Politik untergraben wird. Die Basis der L.PDS hat noch Nachholbedarf bei der Tolerierung kontroverser Debatten. Auf ihren Veranstaltungen kommt noch zu häufig Unruhe auf, wenn Kritik an der Parteiführung geäußert wird.

Es wäre aber falsch, den Schwerpunkt der Probleme bei der Linkspartei zu verorten. Was diese zu wenig hat, hat die WASG zu viel. Bei uns ist die Vorstellung, die Führungsorgane seien an allem Schuld, sie seien korrupt und würden die Basis (bzw. die Minderheit) hinters Licht führen, weiterhin massiv präsent. Ohne die Bereitschaft, unter der Voraussetzung der Gewährleistung pluraler Formen der Auseinandersetzung und der Regelung von Konflikten (die berühmte „Streitkultur“) in Grundsatzfragen Mehrheitsentscheidungen als verbindlich zu respektieren, ist eine Partei nicht existenzfähig. Das Problem besteht vielmehr darin, dass angesichts der Verunsicherung und Orientierungslosigkeit der Menschen die Parteiführung ihrer Pflicht nach politischer Orientierung viel zu wenig nachkommen. Insgesamt aber mit Blick auf beide Parteien eine eigentlich günstige Konstellation für wechselseitiges Lernen.

Auch die Arbeit der Bundestagsfraktion ist verbesserungswürdig. Hier ist der Aufbau von Strukturen strategischer Planung und Öffentlichkeitsarbeit überfällig, damit der Zustand überwunden werden kann, dass die Fraktion mit ihrem umfangreichen Mitarbeiter/-innenstab eine geradezu immense Arbeit leistet, ihre Resultate (Plenarreden, Anträge, Anfragen, Pressemitteilungen) aber kaum in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, stattdessen in den Hangos der Fraktionsschränke und den Papierkörben der Medien landen. Dies könnte auch ein Beitrag sein gegen die zunehmende Verselbständigung der parlamentarischen Arbeit.

Mit der Gründung einer gemeinsamen Partei aus L.PDS und WASG besteht die Chance, aus dem bisherigen Ghetto einer Zwei-bis-vier-Prozent-Partei herauszukommen. Erstmalig könnte eine Partei die politischen Kräfteverhältnisse in Richtung einer substantiellen Schwächung der neoliberalen Kräfte nachhaltig beeinflussen. Wenn die Linke diese Chance verspielt, ist sie auf längere Zeit zurückgeworfen.

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